„Onlineshops sind jetzt wichtiger denn je.“ – Dejan Milenkovic, Cultizm

Dejan Milenkovic
Dejan Milenkovic, Gründer und CEO CultizmFoto: Cultizm

Dejan Milenkovic kennt sich mit Herausforderungen aus. Als 2004 sein Onlineshop Cultizm live ging, geschah das zu einer Zeit, in der E-Commerce zwar als vielversprechendes, aber immer noch riskantes und ja, sogar sekundäres Business galt. 16 Jahre später ist Cultizm.com ein etablierter, erfolgreicher Onlineshop mit einer internationalen Fanbase. Gute Voraussetzungen, um die Konsequenzen einer Pandemie gut überstehen zu können. Im Interview beantwortet Dejan Milenkovic uns Fragen über den Wert des E-Commerce, welche Trends zu beachten sind und, ob die Branche wirklich strauchelt. 

Wie hast du die durch die Pandemie ausgelöste Krise wahrgenommen und letztendlich gemeistert? 
Der Lockdown brachte den Einzelhandel in eine schwierige Lage. Als Onlineshop haben wir weitermachen können – zwar mit minimaler Besatzung im Büro und unter Einhaltung der Hygienevorschriften und dem Rest des Teams im Home Office, aber unser weltweiter Versand ging weiter, trotz Einschränkungen seitens der Versand-Dienstleister.

Es ist kein Geheimnis, dass der E-Commerce jahrelang stiefmütterlich behandelt und auch teils argwöhnisch betrachtet wurde. Doch COVID-19 hat gezeigt, dass wir als Branche digital einiges nachzuholen haben, um langfristig für die Zukunft aufgestellt zu sein. Als reiner Online-Unternehmer, wie bewertest du die Lage aus deiner Perspektive?
Onliner werden seit Jahren nicht geschätzt – auch seitens der Brands nicht. Durch Corona wurden diese aber jetzt richtig wahrgenommen. Daher glaube ich, dass viele Einzelhändler jetzt auch vermehrt in ihre Onlineshops investieren, denn: Onlineshops sind jetzt wichtiger denn je. 

Wo muss sich denn die Online-Industrie an die eigene Nase fassen?
Definitiv in der Internationalisierung. Immerhin kaufen heute schon 14-Jährige international ein. Und wenn man rüber nach Asien schaut, ist Live-Shopping ein großes Thema geworden. Die Live-Online-Beratung wird daher immer wichtiger.

Ihr bietet bei Cultizm auch einen Offline-Service an: Wer möchte, kann zu euch ins HQ nach Münster und vor Ort die Sachen abholen oder anprobieren. Wird dieser Service stark genutzt und wie sieht es aktuell aus? Stichwort: Social Distance.
Ja genau. Man kann bei uns vor Ort nach Terminabsprache alles anprobieren und anschließend natürlich auch kaufen. Vor Corona wurde der Service sehr häufig genutzt. Während des Lockdowns konnten wir ihn temporär nicht anbieten, aber das ist jetzt wieder möglich und wird daher auch wieder genutzt. Wir halten uns natürlich auch hier strikt an die Einhaltung der Hygiene- und Distanzvorschriften. 

Das interne System, die Abhängigkeit von anderen Ländern, aber auch die enge und eigentlich sehr verschobene Taktung von Saisons werden gerade stark hinterfragt. Was ist deiner Meinung nach das Hauptproblem, weshalb die Modebranche überhaupt so strauchelt?
Strauchelt die Branche denn tatsächlich so sehr? Ich denke, da muss man online und offline differenzieren – auch zwischen Händlern und den Brands an sich, mit den jeweiligen Monostores online/offline. Die Situation ist hier sicherlich bei den diversen Brands sehr durchwachsen. Wir legen zum Beispiel mit vielen Brands an Umsatz zu und intensivieren die Arbeit mit unseren Partnern dementsprechend.
Aber ein wichtiger Kritikpunkt ist die Warenmenge. Es gibt einfach zu viel Ware, was wiederum Warendruck auslöst. Dann wird die Ware auch zu früh geliefert, was wiederum ein zu kleines Abverkaufszeitfenster bietet – und zwar ein relevantes Abverkaufszeitfenster. Denn mal ehrlich: Wer möchte Winterware im Sommer kaufen? Durch die späten Auslieferungen, bedingt durch die Coronakrise, verschieben sich natürlich auch die Saisons nach hinten. Und ein weiteres wichtiges Thema ist die Kannibalisierung der Umsätze durch eigene Online Shops der Brands.

Was hältst du denn von den ganzen digitalen Alternativen, die gerade aufgefahren werden? Beispielsweise Press Days via Instagram oder Live Stream, aber auch digitale Messen.
Man bekommt durch diese Formate ein ganz anderes Feeling vermittelt. Ich kann die Artikel beispielsweise gar nicht anfassen und auch der Kontakt zu den Vertrieblern fehlt. Allerdings sind diese Formate notwendig, damit das Geschäft weitergeht. Die Zukunft fühlt sich immer neu, anders und ungewöhnlich an. Das sind also alles die richtigen Schritte. Auf der B2B-Seite wird eine kompetente und intensive Live-Online-Beratung zu den einzelnen Produkten ebenfalls immer wichtiger. Wenn das in Zukunft gut klappt, kann man sich durchaus vorstellen, auf die Reisen mit Flug, Hotel, Auto und der dazugehörigen Umweltbelastung mit allen dazugehörigen Einzelheiten für Vor- und Nachbereitung der Messebesuche eventuell zu verzichten oder zumindest auf das Nötigste zu reduzieren. Das wäre ein weiterer Schritt in Richtung Minimierung des CO2 Footprints und Schutz unseres Planeten.

Hast du zum Ende unseres Interviews vielleicht hilfreiche Tipps, die du gerne teilen würdest?
Ja. Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit.