Was kann die Menswear eigentlich von der Womenswear lernen?

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Justus Hansen hat seinen Stil schon längst gefunden - und dennoch: ausgelernt hat er noch nicht.Foto: Oğuz Kaya

Neulich habe ich einen Freund von mir gefragt, ob es ein Kleidungsstück für Frauen gibt, auf das er neidisch sei? Seine prompte Antwort: „Kleider. Ich beneide Frauen, dass sie im Sommer Kleider tragen können und es so schön luftig um die Beine haben.“ Zugegeben, mit der Antwort habe ich so gar nicht gerechnet. Und als ich mir selbst dann diese Frage stellte, kam ich wiederum zu der Erkenntnis, dass es für mich persönlich kein Kleidungsstück gibt, um das ich Frauen beneide. Das schließt jedoch nicht aus, dass die Menswear etwas von der Womenswear lernen kann.

Accessoires – Darf Mann welche tragen?

Man soll ja bekanntlich klein anfangen, daher beginnen wir mal mit Accessoires. Ob Ringe, Ohrringe, Armreifen, Ketten, Fußkettchen oder auch Tücher und Hüte, listet man sie alle hintereinander auf, klingt es beinahe schon überladen, doch wenn Frauen wollten, könnten sie alles auf einmal anziehen und dabei sogar richtig gut aussehen. Doch wie verhält sich dieses Prinzip für Männer? Ist das etwas, dass man sich abgucken und in den eigenen Style integrieren kann oder ist das ein reines Privileg für Frauen? Meiner Meinung nach: unbedingt nachmachen!

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Schmuck für Männer? Alles eine Frage des Typs. Foto: Buck Palmer & Daniel Fuchs

Wichtig ist hier, darauf zu achten, dass die gewählten Accessoires zu dir als Typ passen. Tun sie das, wertest du damit deinen gesamten Look auf. Aber wo sind die Grenzen? Welche Accessoires gehen und welche nicht? Schaut man sich Männer wie Johnny Depp an, die es sogar schaffen Ohrringe zu tragen und dabei nicht nur wirklich cool, sondern sogar auch maskulin auszusehen, stellt man fest, dass es tatsächlich keine Grenzen gibt. Aber wie gesagt: sie müssen zu einem passen. Ich persönlich würde sprichwörtlich ‚Banane‘ aussehen, trüge ich zu meinem klassischen Stil Ohrringe oder anderweitig rustikalen Schmuck. Doch muss man nicht immer nur auf Hollywood Stars schauen, auch in meinem Freundeskreis gibt es tolle Beispiele: Daniel Fuchs aka ‚Magic Fox‘, einer der bekanntesten deutschen Instagramer und ‚Buck Palmer‘, absoluter Lebemann und Inhaber des gleichnamigen Schmucklabels, sind prädestiniert für Accessoires. Beide tragen Schmuck, und das nicht zu wenig: Ringe mit Dreiecksmotiv, Armreifen aus rohbearbeitetem Silber, auch Halsketten mit Anhänger – und es steht ihnen, sogar richtig gut. Überzeugt euch selbst:

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Buck Palmer und Daniel Fuchs Foto: Buck Palmer & Daniel Fuchs

Stilbrüche

Bikerjacke mit Blümchenkleid, Latzhose über Bluse und Bomberjacke zum kurzen Schwarzen – Frauen gelingt es nicht nur immer wieder Outfits punktgenau nach einer Stilrichtung zu kreieren, sondern auch in Sachen Stilbrüchen sind sie ungekrönte Königinnen, wovon man sich einiges abschauen kann. Motto: Ein guter Stilbruch ist immer eine Sache der Balance. Aber was wären meine Zeilen wert, machte ich mir lediglich die Mühe diese Punkte herauszusuchen ohne konkrete Beispiele für Männer zu nennen. Hier also drei Vorschläge, wie der maskuline Stilbruch aussehen könnte:

1. Oben Business, unten Party

Gemeint ist das Thema Anzüge. Männer tragen ausschließlich die klassische Kombination aus Anzug, Hemd (eventuell sogar Krawatte) und Anzugsschuhen. Gerade diese steife 0815-Bürohelden-Kombination kann man ganz einfach aufbrechen, indem man sie mit Sneakern kombiniert. Hierzu würde ich die Krawatte weglassen, Hemd aufmachen oder sogar gegen ein simples weißes T-Shirt austauschen und passend dazu schlichte weiße Sneaker tragen. Im Sommer könnte man benanntes Schuhwerk auch gegen Sandalen tauschen – solange man eine stimmige Farbpalette für sein Outfit wählt.

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So simpel wie genial: schlichte weiße Sneaker zum Anzug. Foto: Oğuz Kaya

2. Der Business Punk

Ich würde mal behaupten, dass fast jeder von uns eine klassische, schwarze Biker-Jacke zu seinem Grundrepertoire zählt. Ein schöner Stilbruch entsteht, wenn man sie mit einem weißen Hemd, schlichter schwarzer Krawatte und grauer Stoffhose kombiniert. Die Schuhwahl würde ich wiederum lässig halten, um die richtige Balance zu finden.

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Eine Lederjacke als Blazer-Ersatz. Foto: Oğuz Kaya

Wenn man sie richtig kombiniert, können Militärjacken die perfekte Brücke zwischen Eleganz und Sportlichkeit bilden. Man achte dabei aber auf den Schnitt der Jacke – insgesamt sollte sie für derartige Einsätze eher schmal und tailliert geschnitten sein, wie eine übliche Jacke nur mit unüblichem Muster.

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Layering und Camouflage-Akzent par excellence. Foto: Oğuz Kaya
Modisch überraschen und einfach mal gewohnte Stile brechen. Foto: Oğuz Kaya

3. Dressing for Occasions

Egal zu welchem Anlass, Frauen sind gefühlt immer perfekt vorbereitet und haben das entsprechende Outfit im Schrank. Der Realitätscheck bei Männern sieht da etwas anders aus. Wer nicht geschäftlich mehrmals die Woche Anzüge tragen muss, der hat meist nur den einen Standard Anzug daheim, auf den für Veranstaltungen jeglicher Art zurückgegriffen wird. An Hemden gibt es meist nur Weiß, Hellblau oder sogar Schwarz. Kurz gesagt, ist der männliche Anteil im häuslichen Kleiderschrank meist ein Sammelsurium aus Pflicht- beziehungsweise Notkäufen. Folge dessen: vorprogrammiertes Chaos, sobald man mal zu einem ‚Black Tie‘ Event eingeladen wird.

Hier macht es also ebenfalls Sinn, sich an den Frauen zu orientieren. Das heißt: Das Pendant zum kleinen schwarzen Kleid ist der schwarze Anzug. Das Pendant zur eleganten Abendrobe, der Smoking samt Fliege. Das Pendant zum schicken Cocktailkleid, der dunkelblaue Anzug. Mit diesen Varianten hat man schon einmal die Dresscodes ‚Cocktail‘ & ‚Black Tie‘ abgehakt. Die Kür ist es nämlich, wie Frauen, auch mehrere Event-Outfits zu besitzen, die miteinander kombinierbar sind. Mein Tipp: Vor jedem Einkauf konkrete Vorstellungen machen und zielgenau einkaufen gehen. Achtet man darauf, dass die zu erwerbenden Teile auch zum Rest des Kleiderschrankes passen, spart man sich nicht nur Zeit beim Einkaufen an sich, sondern auch Geld, da sich hier auch neue Kombinationsmöglichkeiten auftun.

Der Spieß mal umgedreht

Natürlich können wir Männer nicht nur was von den Frauen lernen, sondern sie auch von uns. Was zum Beispiel? Minimalismus, sprich weniger ist mehr. Die Gelassenheit der Männer kommt unter anderem dadurch, dass Kleidung zwar eine wichtige, aber nicht überlebenswichtige Rolle in unserem Leben einnimmt. Wir ziehen Sachen an bis wir eine stimmige Kombination gefunden haben, checken noch einmal den Gesamtlook und verlassen dann das Haus, ohne uns weiterhin großartig mit dem Outfit zu beschäftigen. Dies schafft eine Gelassenheit oder auch ‚Headspace‘, die sich Frauen von uns abschauen können. Tja, und das war es auch schon. Denn seien wir mal ehrlich: Sehr viel mehr kann man von uns Männern in dem Bereich auch nicht lernen. Bleibt also nur noch die Frage offen, ob es ein Kleidungsstück für Männer gibt, auf das Frauen neidisch sind? Ich bin gespannt auf eure Meinung.

Justus Hansen zählt fast 400.000 Follower auf seinem Instagram Account und teilt dort seine Sicht auf Menswear. Auf J’N’C Online bekommen unsere LeserInnen jeden Monat einen ausführlicheren Einblick auf sein Verständnis von Mode und Lifestyle.