To compliment the Female – Ein Interview mit Humanoid zum 40. Jubiläum

40 Jahre Humanoid
Foto: Michelle Piergoelam

Humanoid erschafft seit 40 Jahren Frauenmode, die ebenso subtile wie kraftvolle Statements setzt. Zur Amsterdam Fashion Week Anfang September lud das niederländische Womenswearlabel in seine Heimatstadt Arnheim ein und stellte abermals unter Beweis, dass Qualität, Handwerk und Selbsttreue jeglichen Trends erhaben sind.

Mit einer beeindruckenden Installationspräsentation unter freien Himmel in Zusammenarbeit mit dem Kröller-Müller Museum zollte das Team den 40 besten Pieces aus 40 Jahren Humanoid Tribut. J’N’C besuchte anschließend das einstige Kollektiv im Headquarter und sprach dort mit Denise van Ruitenbeek, Head of Production and Sustainability Team und Marije Palstra, Head of Fabrics über Zeitlosigkeit, das familiäre Humanoid-Verhältnis und Nachhaltigkeit.

Herzlichen Glückwunsch zu 40 Jahren Humanoid. Innerhalb der vergangenen vier Dekaden gab es viele Weiterentwicklungen und es ist viel passiert. Was zeichnet den Erfolg von Humanoid aus?
Denise: Ich denke, Humanoid ist etwas Besonderes und Unvergängliches. Es ist einfach mühelos. Wir stecken so viel Herz und Seele in unsere Produkte und ich glaube, das es das ist, was uns antreibt. Auf diese Weise erreichen wir unsere Kundinnen.
Marije: Wir haben definitiv unseren eigenen Stil. Und der ist zeitlos.

Bei eurer Jubiläums-Show Anfang September habe ich mich gefragt, ob jemand ein Foto von den Gästen machen kann, weil sie alle so homogen aussahen. Alle schienen die gleiche Silhouette und die gleiche Farbpalette zu tragen. Niemand ist wirklich herausgestochen – im positiven Sinne. Denn natürlich trug nicht jeder trug Humanoid…
Denise: Stimmt. Man sah viele schöne fließende Silhouetten, aber ich glaube, diese Harmonie lag auch in den Details.

Eine Sache, die mir aufgefallen ist, seit wir hier in eurem Headquarter angekommen sind, ist, dass hier eine sehr familiäre Atmosphäre herrscht, vor allem weil dieses HQ, beziehungsweise die Garage, ursprünglich das Familienhaus des Gründer-Ehepaars Sandra Harmsen und Hans Boelens  ist – alles hat hier seinen Ursprung und ist seither im wahrsten Sinne des Wortes haushoch gewachsen.
Marije: Heute Morgen haben wir noch darüber gesprochen, dass es sich für uns mehr wie Familie als Arbeit anfühlt, denn wir alle haben eine sehr enge Bindung zueinander. Das ist einfach Teil unserer DNA, denn Menschen zusammenzubringen war die Leidenschaft des Gründerpärchens.

Lasst uns über Nachhaltigkeit reden. Da wir in der Branche tätig sind, wissen wir, worauf wir achten müssen. Aber worauf sollten Endverbraucher:innen eurer Meinung nach heutzutage beim Einkaufen von Kleidung achten?
Marije: Ich denke, es ist super wichtig, nach zeitlosen Designs zu suchen. Heutzutage sind viele Sachen in und am nächsten Tag wieder out. Deshalb sollte man Kleidung nicht als Wegwerfartikel betrachten, sondern die richtigen Stücke mit Seele wählen, die mit Liebe und Aufmerksamkeit hergestellt wurden. So kann man sie auch noch nach Jahren tragen. Selbst wir finden in unseren Archiven Stücke von vor zehn Jahren und finden sie immer noch schön. Ganz einfach, weil sie so zeitlos sind.

Im Skulpturengarten des Kröller-Müller Museums präsentierten zehn Models eine Jubiläumskollektion zur musikalischen Performance von Tim Ves. Credit: Humanoid

Vielleicht ist der Schlüssel zu einer langlebigen und interessanten Garderobe auch das Styling. Denn mit dem richtigen Styling kann man das volle Potenzial einiger Stücke ausschöpfen. Sollten wir also mehr über die Gesamtheit der Kleidung sprechen?
Marije: Zum Beispiel ‚alte’ Kleidung wiederverwenden und mit anderen Sachen kombinieren? Auf jeden Fall.
Denise: Wir beobachten zudem, dass die Endverbraucher:innen ein besseres Verständnis für Produktionen in Europa haben. Für uns ist es beispielsweise schon immer wichtig gewesen, nah zu produzieren, lokale Partnerschaften zu pflegen. Beispielsweise werden viele Teile in Italien hergestellt, während unsere Taschen hier in Arnheim gefertigt werden und unsere Gürtel ebenfalls hier in Holland hergestellt auf jemandes Küchentisch daheim. Wir lieben es, die Kreativität ganz nah bei uns zu haben und diesen Familien-Gedanken mit anderen Handwerker:innen zu teilen.

Das Handwerk ist euch ganz nah – in eurem Atelier im obersten Geschoss, stellt ihr eure eigenen Schnittmuster her – schon fast Couture-like.
Denise: Das stimmt. Unsere eigenen Muster im eigenen Haus herzustellen, ist etwas ganz Besonderes in dieser Branche. Wir wollen uns für die Produkte, die wir herstellen, die Zeit nehmen, die wir brauchen. Dafür eignet sich das Inhouse-Atelier sehr gut. Das gilt auch für textile Abfälle. Wir können den Abfall viel besser zu neuen Produkten oder neuen Fasern recyceln. Diese kleinen Schritte und ihre große Wirkung sind uns sehr bewusst, weshalb wir nunmal ältere Bestände verwenden, die wir beispielsweise mit lokalen Künstler:innen weiterverarbeiten. 

Denise van Ruitenbeek, Head of Production and Sustainability Team Humanoid
Denise van Ruitenbeek, Head of Production and Sustainability Team Foto: Humanoid

Upcycling und Recycling sind heutzutage sehr heiß diskutierte Themen in Bezug auf Nachhaltigkeit. Der Fokus liegt hier eindeutig nicht auf neue Ressourcen, sondern das bereits vorhandene Material. Es scheint ad hoc viel logischer, sich vielmehr darauf zu konzentrieren, dennoch wird es von Unternehmen verhältnismäßig wenig beachtet.
Denise: Wir haben einige Stoffe in der Kollektion, die mit recycelter Baumwolle hergestellt werden und suchen, wie bereits erwähnt, stets nach Möglichkeiten, die Stoffreste zu recyceln oder zu verwerten.
Marije: Wir achten von Anfang an auf das Material und dann zum Beispiel auf Naturfasern versus Mischungen und somit, ob das Material am Ende leichter zu recyceln ist.
Denise: Richtig. Wir versuchen, die Naturfasern so zu erhalten, dass sie eine lange Lebensdauer haben, aber auch, dass sie abbaubar sind oder in gewisser Weise wiederverwendet werden können. Das heißt unter anderem, nicht zu viele Mischungen zu verwenden.

Bisher haben wir einen Blick zurück geworfen, eure Archivsammlung blickt zurück und wir haben über die Gegenwart gesprochen. Aber was hält die Zukunft für Humanoid bereit?
Marije: Viele Leute fangen an, das zu schätzen, was wir bereits tun – beispielsweise in Bezug auf die Produktion–, denn die Konsument:innen werden sich immer bewusster, beschleunigt durch COVID, dass man zwar T-Shirts für zwei, drei Euro am Ende der Welt produzieren kann, aber dass das buchstäblich nicht nachhaltig ist.
Denise: Die Menschen wissen das Handwerk zunehmend wieder mehr zu schätzen, das in unsere Kleidung fließt. Das ist definitiv unsere Stärke, die wir auch in Zukunft beibehalten müssen.

Wenn es einen roten Design-Faden gibt, der sich durch die 40 Jahre Humanoid zieht, welcher wäre das?
Marije: Die Leichtigkeit.
Denise: Das gleiche Wort hatte ich auch gerade im Kopf. Man kann sie mit allem kombinieren und in Kleidung übersetzt, gibt sie einem wirklich Kraft.
Marije: Humanoid ergänzt das Weibliche.

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