Im Januar finden die Events der PREMIUM Group erstmalig wieder parallel mit der Berlin Fashion Week statt. Getreu Anita Tillmanns Devise für 2023: „Allein ist man schneller, zusammen kommt man weiter“. Vom 17. bis 19. Januar präsentiert sich die Messe-Gruppe mit kürzeren Laufwegen, einer verbesserten Orientierung auf dem Messegelände sowie eine optimierte Segmentierung der Aussteller:innen. Und das alles unter großen Geburtstags-Vibes, denn die PREMIUM feiert ihr 20-jähriges Jubiläum!
20 Jahre PREMIUM! Wie schön, dass die Berliner Fashion Community mit den PREMIUM-Events und der Fashion Week im Januar wieder vereint auftritt. Was habt ihr Besonderes geplant?
Vielen Dank! Es ist jetzt 20 Jahre her, dass wir mit der PREMIUM und unserem Ziel, die Modemessen in Europa zu revolutionieren, gestartet sind. Heute können wir mit Stolz sagen, dass wir unser Ziel erreicht haben. Unseren Erfolg haben wir allerdings nicht nur uns selbst, sondern auch unzähligen tollen Brands, kreativen Talenten und nicht zuletzt der Community zu verdanken, die teilweise seit Jahren zu unseren Events kommt. Bei diesen Menschen möchten wir uns im Zuge unseres 20-jährigen Jubiläums bedanken – viele von ihnen sind langjährige Wegbegleiter*innen und gute Freund*innen geworden. Deshalb steht unser 20-jähriges Bestehen klar als größtes Highlight im Mittelpunkt und wir werden es krachen lassen. Wer sich das entgehen lässt, verpasst was.
Vorab kann ich schonmal sagen, dass wir an komprimierten Content-Formaten arbeiten, um unseren Aussteller*innen und Besucher*innen in drei Tagen möglichst strukturierte Inhalte und viel Neues anbieten zu können. Und damit meine ich neben Inspiration, Austausch und Emotionen auch Orientierung – sozusagen wie die Quintessenz dessen, was aktuell wichtig für die Branche, Brands und Händler:innen ist. Nach unserem erfolgreichen Restart letzten Sommer findet neben der PREMIUM und der SEEK auch wieder der CONSCIOUS CLUB und die FASHIONTECH statt. Die CC-Community und die Nachfrage nach Brands, Content und Kontakten zum Thema Nachhaltigkeit wächst erfreulicherweise. Hierzu wird es ein erweitertes Programm geben. Auf der SEEK wird die nächste Generation von Standpräsentationen und Brandaktivierungen gezeigt und The Ground stellt innovative Retail Pop-Ups vor, ebenfalls auf dem SEEK-Gelände. Der große PREMIUM Geburtstag steht für die nächste Edition aber ganz klar im Zentrum.
Welche Highlights kannst du uns jetzt schon verraten?
Es ist echt schwer, mich auf nur drei Erinnerungen zu beschränken, weil wir in den letzten 20 Jahren natürlich unglaublich viel erreicht haben, aber auch sehr viel dazulernen durften.
Eines meiner absoluten Highlights war die Zusammenarbeit mit Pharrell Williams und Parley for the Ocean 2013. Drei Tage lang haben wir im Innenhof des STATION Berlin Konferenzen zur Wiederverwertung von Plastik gehalten. Kurz danach hat Adidas die ersten Sneaker aus wiedergewonnenem Plastik gelauncht. Der Song ‚Get Lucky’ gehört seitdem zu den Favorite Songs der Premium Group.
Wir waren es, die die allererste Fashion Week in Deutschland konzipiert als auch installiert und mit dem damals regierenden Bürgermeister Herrn Klaus Wowereit und mit IMG am Brandenburger Tor glamourös eröffnet und etabliert haben. Auch Themen wie Nachhaltigkeit und Digitalisierung haben wir als eine der ersten in den Vordergrund gerückt. Wir haben Symposien zum Thema Nachhaltigkeit veranstaltet, an denen beispielsweise Katharine Hamnett, Adriano Goldschmied, Elio Fiorucci und Francois Girbaud teilgenommen haben. Wir haben die Blogger:innen-Bewegung (damals hießen sie noch Blogger:innen, heute würde man Influencer:innen oder Content-Creator sagen) früh erkannt und die Branche dazu eingeladen, mit Influencer:innen wie Bryan Boy, Veronika Heilbrunner und Imran Amed von Business of Fashion über die Digitalisierung der Modebranche und die Sozialen Medien zu sprechen. Danach haben wir die FASHIONTECH Conference ins Leben gerufen und die wichtigsten Player aus diesem Bereich an einen Tisch gesetzt. Dabei waren Michael Kliger (Mytheresa), David Schneider (Zalando), Tarek Müller (About You), David Fischer (Highsnobiety), Pamela Reif, aber auch Vestiaire Collective, Bon Prix, Spotify, Facebook, Instagram, und viele mehr.
Legendär sind auch die Partys der PREMIUM. Wir haben im Garten des STATION Berlin bei Regen knietief im Matsch gestanden und zu elektronischer Musik der coolsten Berliner DJs getanzt. Sogar Virgil Abloh hat auf der SEEK als DJ aufgelegt. Außerdem haben wir Live-Konzerte mit Ne-Yo und Universal Music organisiert und im Clubrestaurant Cookie saßen zwischen unseren Aussteller:innen Matt Damon und seine Freunde am Tisch.
Aber natürlich gab es auch Herausforderungen zu meistern und oft waren es tatsächlich Einflüsse von außen. Der Strom- und damit Totalausfall in Berlin Kreuzberg im Sommer 2012 war schlimm für uns. Die Messe fiel einfach aus, obwohl alle da waren. Ich erinnere mich auch noch gut daran, als die Bread&Butter vor mehr als zehn Jahren nach Barcelona ging. Schon damals wurde der Tod von Fachmessen in Berlin prophezeit. Nachdem wir auch die Herausforderungen des letzten Sommers während Corona, mit Platzregen und allen anderen Katastrophen überstanden haben, kann ich nur sagen – Totgesagte leben länger und jetzt erst recht.
Die Premium Group hat sich als stabiler & zuverlässige Partnerin erwiesen. Etwas, das die Branche heutzutage mehr denn je braucht. Wie supportet ihr eure Aussteller:innen und Partner:innen für die kommenden Saisons? Und wo braucht auch eine feste Instanz wie die Premium Group Unterstützung?
Wir sind ein super starker Partner, aber immer auch Motivator, der versucht einzelne Akteur:innen, aber auch die Branche als Ganze voranzubringen. Wir haben unterschiedlichste Aussteller:innen mit entsprechend verschiedene Ansprüche und Bedürfnisse. Deshalb ist es uns wichtig, von Anfang an an der Seite unserer Aussteller:innen zu stehen und Mehrwert zu bieten. Das fängt bei der kreativen Standgestaltung und Produktion an, geht über unsere Unterstützung, um den passenden Partner für Marketing- und Pressethemen zu finden, bis hin zur Vernetzung mit den richtigen Sales-Agenturen und Distributor:innen.
Zudem investieren wir hohe Summen für die Aktivierung und Einladung von Einkäufer:innen und Händler:innen aus der ganzen Welt. Wir haben ein dezidiertes Buyersprogramm, bei dem Einkäufer:innen eingeflogen und vor Ort betreut werden. Aber wir kuratieren nicht nur Brands, sondern recherchieren vorab relevante Themen, um diese danach kompakt zusammengefasst der Branche vorzustellen. Wir arbeiten mit Expert:innen, vermitteln wertvolles Wissen, aber bieten auch die Möglichkeit, voneinander zu lernen. Vor, während aber auch nach unseren Events unterstützen wir als ehrliche Berater:innen, Producer:innen und als Freunde – denn viele Partner:innen kennen wir schon seit Jahren, was uns natürlich zusammengeschweißt hat. Unsere Gäste können sich auch bei allen unseren Events immer auf einen guten Vibe freuen, denn wir inspirieren, begeistern und wir provozieren auch mal.
Aber auch wir brauchen Unterstützung, vor allem positive Stimmen sowie weitere Motivator:innen im Markt. Unser Erfolg basiert, wie bereits genannt, auf dem Miteinander. Händler, national und international, müssen vorab motiviert werden und dafür sollten wir unsere Kräfte vereinen. Es geht darum, auch schon vor den Veranstaltungen aktiv zu werden. Wir brauchen den Support der Brands, die ihre Einkäufer:innen vorab kontaktieren, einladen und informieren müssen. Wir sind uns einig, dass die Medien helfen, indem sie vor allem vorher von Neuigkeiten der Brands berichten.Es gibt so viel zu sehen auf unseren verschiedenen Formaten und es ist wichtig, sich so früh wie möglich darüber zu informieren. Wir können das als Messe gar nicht allein leisten. Alles ist im Umbruch, es gibt so viele Themen und die Fachmedien sind nun mal die einzigen Formate, wo man sich informieren kann. Die Neugier und der Hype entstehen vor den Events, denn zu den Events zelebrieren wir den Höhepunkt. Da sind wir die Profis. Das Wichtigste ist einfach, dass alle an einem Strang ziehen und zusammenarbeiten, jede:r so wie er kann.
Messen hatten es gewiss nicht leicht in den letzten zwei Jahren. Was erhoffst du dir vom nächsten Jahr?
Erst einmal finden alle Events im Januar wieder parallel statt, was sehr gut ist. “Allein ist man schneller, zusammen kommt man weiter” ist die Devise für den Januar 2023. Wir sind bei der Gestaltung unserer Formate immer sehr proaktiv und sammeln nach dem Event aktiv Feedback von unseren Aussteller:innen, Besucher:innen etc. Deshalb wird es für die nächste Ausgabe im Winter kürzere Laufwege geben, eine verbesserte Orientierung auf dem Messegelände sowie eine optimierte Segmentierung der Aussteller:innen.
Wie gesagt, haben wir in Bezug auf die Location ein anderes Hallen- und Brandszenario als letzten Sommer. Für die SEEK war die Resonanz sehr positiv. Die SEEK bleibt in der Halle 9. Das Style and Culture Festival The Ground findet erst nächsten Sommer wieder im größeren Format statt, allerdings wird es eine dedizierte The Ground Fläche auf der SEEK geben. Hier haben Marken die Möglichkeit innovative Aktivierungen zu platzieren, um sich Händler:innen, Opinionleadern und Communities sowie ausgesuchten Influencer:innen neu zu präsentieren und gleichzeitig Marketing- und Social-Media-Content zu generieren. Die PREMIUM zieht zum Süd-Eingang der Messe Berlin. Das sind fünf große, zusammenhängende Hallen, kompakt und übersichtlich. Der Wunsch wurde vorab geäußert und dieser Bitte sind wir gerne nachgekommen. An der Stelle möchte ich mich auch nochmal bei allen bedanken, die sich aktiv engagiert haben und uns dabei helfen immer besser zu werden.
Kommen wir zur Nachhaltigkeit: Ein Thema, das du schon zu Beginn der Messe vorangetrieben und stetig ausgebaut hast. Auf einer Skala von 1 bis 10, wie weit sind wir als Branche in Sachen Nachhaltigkeitsentwicklung?
Das Thema Nachhaltigkeit in und für unsere Branche ist komplex und vielschichtig. Mode ist nicht nachhaltig, ihr fundamentales Wirkprinzip beruht auf geplanter Vergänglichkeit. Ehrlicherweise sehe ich uns auf einer Skala von 1 bis 10 bei einer 5 – es gibt gewiss noch sehr viel zu tun, aber wir fangen auch nicht bei 0 an. Der Status Quo ist, dass aktuell ganz viel passiert und auch die Modebranche sich wandelt. Menschen und Marken nehmen Haltung an, packen Dinge an und verbessern ihre Wertschöpfungsketten, Produktion, Materialien und wählen ihre Zulieferer:innen bewusster. Auch Kund:innen sind diesbezüglich höchst sensibilisiert – dennoch bin ich überzeugt, dass wir als Industrie trotzdem mehr tun müssen. Das fängt bei Bildung von Nachhaltigkeitsthemen innerhalb von Unternehmen an und hört bei der Entsorgung (bzw. Weiterverwendung) von Kleidung auf.
Wir waren 2006 unter den Ersten, die Nachhaltigkeit in der Modebranche thematisiert haben und wegweisenden Marken und Menschen Thema und Raum gegeben haben. Damals musste dem Thema eine gewisse Sexyness verliehen werden, heute ist es wichtig immer wieder zu betonen, dass Nachhaltigkeit nicht das “Problem” Einzelner oder Anderer ist, sondern uns auf übergreifender Ebene alle betrifft. It’s real. Deshalb liegt der Schlüssel hier für mich im konstruktiven Austausch sowie der engen Zusammenarbeit, um gemeinsam neue Lösungen zu finden – und genau dafür bieten wir die perfekte Plattform und den richtigen Rahmen.
Welche Rolle nimmt die Premium Group in dieser Entwicklung ein? Welche Events/Formate/Konzepte werden auch in Zukunft Wissen & Networking rund um Sustainability stärken?
Ich würde unsere Rolle in zwei Bereiche unterteilen: einmal als Eventveranstalter, der versucht, mit gutem Beispiel voranzugehen, und einmal als Plattform, die das Ziel verfolgt, Wissen zu vermitteln, Vorreiter und die Helden zu fördern, soziale Initiativen ins Leben zu rufen und die Branche als Ganze voranzubringen.
Wir arbeiten proaktiv an der Verbesserung unseres eigenen Fußabdrucks und Ressourceneffizienz, stehen beratend an der Seite unserer Aussteller:innen hinsichtlich ihrer eigenen Standplanung und wählen unsere Partner:innen (von Kooperationspartnerschaften mit der Deutschen Bahn über den Zusammenschluss mit den innovativsten Hoteliers und tollsten lokalen Cateringpartner) sehr bewusst aus. Wir verwenden Ökostrom, vermeiden Müll und geben alles, um den, den wir erzeugen, wiederzuverwenden.
Darüber hinaus engagieren wir uns auch sozial und schauen, wie wir drängende, soziale Themen angehen können und sozial benachteiligte Akteur:innen unterstützen können. In Zusammenarbeit mit vielen tollen Brands und der Initiative ‚Be an Angel’ haben wir die ‚Must-Have-Peace’ Kollektion auf die Beine gestellt, wovon der Gewinn zu 100% an Geflüchtete aus der Ukraine geht.
Gemeinsam mit unseren Berater:innen und Expert:innen Magdalena Schaffrin und Max Gilgenmann von Studio MM04, die im deutschsprachigen Raum als etablierte Nachhaltigkeitsexperten bekannt sind, entwickeln wir den Conscious Club weiter – präsentieren tolle Brands, innovative Produkte und gelebte Veränderung. Aktuell arbeiten wir beispielsweise an einem Punktesystem, mit dem wir unsere Aussteller:innen nach bestimmten Nachhaltigkeitskriterien einordnen können.
Uns geht es darum zusammenzuarbeiten und nicht mit den Fingern auf andere zu zeigen, sondern Erreichtes und Angestrebtes vorzustellen. Wir fördern ehrlichen Austausch und Offenheit, um voneinander lernen zu können und um mit gebündelten Kräften eine bessere Zukunft gestalten zu können.
Messen hatten es gewiss nicht leicht in den letzten zwei Jahren. Was erhoffst du dir vom nächsten Jahr?
Richtig, Messen und Events hat es hart getroffen. Es hat uns enorme Anstrengungen gekostet, um überhaupt wieder auf die Beine zu kommen. Umso mehr haben wir uns über das positive Feedback gefreut, was nochmal klar gezeigt hat, dass ein organisierter Branchentreff alternativlos ist – wir sind der Nr. 1 Branchentreff für Damen- und Herrenmode, Fashion sowie Lifestyle. Mehr relevante Inhalte, Mehrwert, Inspiration, Orientierung und Austausch, kann man kompakt in zwei Tagen nicht bekommen. Wir sind ehrlich, unabhängig und authentisch. Das zeichnet uns seit 20 Jahren aus und tut es auch immer noch. Ich hoffe, dass wieder viele altbekannte und neue Brands ausstellen und sich der Branche innovativ und kreativ präsentieren und gemeinsam mit den Händler:innen die Zukunft planen werden. Gleichzeitig wünsche ich mir, dass viele nationale und internationale Händler:innen kommen werden, auch mit ihren jungen Mitarbeiter:innen. Dann wäre es wünschenswert, dass uns die Medien tatkräftig unterstützen! Es geht auch um die Positionierung Deutschlands im internationalen Markt und ein wenig Patriotismus und Unterstützung wären sehr schön. Wir sind alle Teil der Branche und jeder trägt ein stückweit Verantwortung für das Gelingen.
Wie wird eine Messe der Premium Group in 20 Jahren aussehen?
Das ist eine spannende Frage für die Zukunft. Alles wird anders sein und die nächste Generation, die unsere Jobs übernehmen wird, hat eine andere Attitude, ein anderes Bildungsniveau als auch digitalisierte Strukturen. Vielleicht wickeln wir bald alle Geschäfte mithilfe von Blockchain ab, leben in einem Finanzsystem mit verschiedenen Kryptowährungen und sind umgeben von einem neuen politischen System, das grundsätzlich eine andere Haltung zum Thema Nachhaltigkeit und Klimakrise pflegt. Das sind tatsächlich hervorragende Voraussetzungen für das Messegeschäft.
In der Zukunft sehe ich, dass B2B und B2C viel näher zusammenrücken werden, dass Messen eine neue Art von Festival werden, bei dem beide Bereiche miteinander verschmelzen und so neu definiert werden. Vorstellen könnte ich mir auch eine Art große Pitch-Plattform für Kreative und Businesspeople, für innovative Produkte, Marketing- und Social-Media Themen. Darüber hinaus habe ich die Hoffnung, dass die Modelandschaft immer nachhaltiger wird, mit nachhaltigeren Prozessen, Produkten und Kollektionen. Was bleiben wird, sind Expertise, Qualität und hochwertiger Service. Das hat in den letzten 20 Jahren überzeugt und wird es auch weiterhin tun. Aktuell ist der Weg das Ziel und wir werden weiter Impulsgeber sein, beratend zur Seite stehen, spannende Menschen und Ansätze ausfindig machen und auf die Bühne bringen und neue Trends vorstellen. Es bleibt auf jeden Fall spannend.
Mehr unter premium-group.com.
Dieses Interview erschien in gekürzter Form auf Englisch in J’N’C 2/22.