Politischer Support für nachhaltige Mode mit dem EU Green Recovery Plan

Zum FS20 stellte Levi’s seine bisher nachhaltigste Kollektion vor. Die Wellthread Kollektion ist komplett recycelbar und aus cottonisierten Hanffasern hergestellt.Foto: Levi's

Nachhaltige Mode könnte nach der Coronakrise als Gewinner hervorgehen, denn das Interesse an fair produzierten und nachhaltigen Produkten hat in der Zeit deutlich zugenommen. Nun muss der Dialog auf anderer Ebene fortgeführt werden. Der Ende Mai vorgestellte Green Recovery Plan der Non-Profit-Organisation GFA (Global Fashion Agenda) in Zusammenarbeit mit der Boston Consulting Group und dem Policy Hub, setzt gezielt auf Unterstützung der Europäischen Union. Wir haben die sieben gezielten Forderungen des EU Green Recovery Plans für Sie zusammengefasst.

Repair and prepare for the next generation

Die Welt adaptiert sich, doch das Coronavirus stellt unsere gesellschaftlichen, sozialen sowie wirtschaftlichen Systeme sowie unsere Art zu leben und zu arbeiten nach wie vor auf eine harte Probe. Dadurch bedingt, hat sich auch unser Konsumverhalten verändert – bewusst und unterbewusst wurden neue, nachhaltigere Kaufentscheidungen getroffen, die nun langfristige Veränderungen mit sich ziehen könnten. Ein dauerhafter Wechsel auf einen nachhaltigeren Konsum, auch bei nachhaltiger Mode, für post-Corona ist daher eine durchaus reale Prognose.

Doch um klimaneutral, nachhaltig und sozial fair zu sein, braucht es mehr als nur ethische und moralische Werte. Der Sanierungsplan schöpft daher „das volle Potenzial des EU-Haushalts“ aus, heißt es im offiziellen Statement. So erhöht die EU der nächsten Generation für den Zeitraum 2021-2027 die finanzielle Gesamtkraft des EU-Haushalts auf 1,85 Billionen Euro. Das Budget soll eine faire sozioökonomische Erholung ermöglichen, den Binnenmarkt reparieren und wiederbeleben, gleiche Wettbewerbsbedingungen gewährleisten und die dringenden Investitionen, insbesondere in die grünen und digitalen Übergänge, unterstützen. Denn die langfristigen Folgen dieser weltweiten Pandemie sind in ihrem Ausmaß bislang noch nicht zu erfassen. Viele greifen jetzt zu kurzfristigen Maßnahmen, um etwaige Kollateralschaden bestmöglich einzudämmen, doch der Green Recovery Plan ist auf die nächsten fünf Jahre ausgelegt. 

Der 7 Punkte-Plan für nachhaltige Mode

Um genauer zu sein, sind die Ziele in kurzfristige, mittel- und langfristige Maßnahmen unterteilt. Die ersten drei Punkte zählen zu den kurzfristigen Zielen, die bereits innerhalb der nächsten zwölf Monate realisiert werden sollen. Die darauffolgenden mittel- bis langfristigen Lösungen sind hingegen in den kommenden fünf Jahren angesetzt.

1. Kurzfristige, staatliche Unterstützung zur Förderung eines umweltfreundlichen Engagements: Die Textil-, Bekleidungs- und Schuhindustrie sieht sich mit einem Anstieg der Arbeitslosigkeit konfrontiert. Direkte finanzielle Unterstützung und Konjunkturpakete der europäischen und nationalen Behörden können zur Rettung von Arbeitsplätzen beitragen und direkte Investitionen tragen zu einer gesünderen, widerstandsfähigeren und zirkuläreren Lieferkette bei. Daher ermutigt der Policy Hub die Europäische Kommission und die EU-Mitgliedstaaten, ihre Investitionen in eine Richtung zu lenken, die mit den im Europäischen Green Deal und im EU-Aktionsplan für Kreislaufwirtschaft dargelegten politischen Ambitionen vereinbar ist.

2. Unterstützung für Unternehmen mit einer Kreislaufwirtschaft, insbesondere für KMU (Kleine und mittelständische Unternehmen): Darüber hinaus müssen Finanzmittel bereitgestellt werden, um das grüne Wachstum zu beschleunigen, beispielsweise für Start-ups und alle Arten von Unternehmen, die zu einer zirkulären Textilwirtschaft beitragen, z. B. durch Reparatur, Vermietung, Weiterverkauf oder gemeinsame Nutzung von Dienstleistungen oder die Sammlung oder Sortierung von Textilabfällen oder -techniken. Kleine und mittelständische Unternehmen sollen zudem eine besondere Priorität haben, da ihre begrenzten finanziellen Ressourcen und größeren Herausforderungen beim Zugang zu Kapital auch zu einem höheren Insolvenzrisiko führen können.

3. Förderung der Nachfrage hin zu umweltfreundlicheren Entscheidungen: Hier sollen die Europäische Kommission und die EU-Mitgliedstaaten aufmerksamer auf umwelt- und sozialverträgliche Marken und Produkte achten, die klar bevorzugt werden, um sicherzustellen, dass die Bürger über die Informationen verfügen, die sie über Produkte und Dienstleistungen benötigen, um fundierte Entscheidungen zu treffen. Außerdem sollen andere politische Instrumente verabschiedet werden, die dabei helfen sollen, den Markt in eine nachhaltigere Richtung zu lenken.

4. Energieeffiziente Prozesse und erneuerbare Energien: Die Treibhausgasemissionen zu reduzieren ist essentiell, wenn es um den Kampf gegen die globale Erderwärmung geht. Die im Europäischen Green Deal festgelegten Ziele, einschließlich eines Emissionsziels von mindestens 50% für ein Reduktionsziel von 55% für 2030 und einer CO2-Neutralität bis 2050, sowie verbindliche Ziele für den Anteil von erneuerbare Energien bis 2030 müssen für die europäischen Behörden und Unternehmen ganz oben auf der Tagesordnung stehen. Zusätzlich zu den bestehenden Ambitionen verweist der Policy Hub auf die Notwendigkeit staatlicher Unterstützung und regulatorischer Rahmenbedingungen, um die Umstellung auf energieeffiziente Technologien und Prozesse zu erleichtern.

5. Verbesserte Infrastruktur für Recycling: Saubere, klimaneutrale und nachhaltige Prozesse für Textilrecycling in Europa können Europas Abhängigkeit von Rohstoffen und Ressourcen verringern, die Rentabilität und Wettbewerbsfähigkeit verbessern und in der Phase der wirtschaftlichen Erholung Beschäftigungsmöglichkeiten schaffen. Der Einsatz von Rohstoffen und Abfällen soll reduziert werden und ein Markt für recycelte Materialien aufgebaut werden. Diese Maßnahmen haben oberste Priorität, um mittel- bis langfristig echte Auswirkungen zu erzielen.

6. Förderung der Kreislaufwirtschaft: Die Stärkung des europäischen Marktes für recycelte Materialien kann zur wirtschaftlichen Erholung Europas beitragen, aber auch dazu, die Klimaziele der EU zu erreichen. Produkte, die von Anfang an die Recyclingfähigkeit berücksichtigen sind daher eine Grundvoraussetzung.  Zusätzliche Investitionen in Forschung und Entwicklung können langfristig Veränderungen herbeiführen.

7. Mehr Transparenz für Verbraucher für eine kreislauforientierte Wirtschaft: Die transparente Nachverfolgung von Lieferketten und dessen Auswirkungen muss vorangetrieben werden. Aufbauend auf den kurzfristigen Maßnahmen, die die Verbrauchernachfrage zu umweltfreundlichen Entscheidungen führen (Punkt 3), sind dafür jedoch klare Gesetze erforderlich, die die Branche bei der Erhöhung des Maßes an Transparenz und Traceability unterstützen. Hier sind demnach verstärkt Industrie und Regierungsstellen gefragt, die für die Verbraucher leicht zugängliche, aber auch verdauliche Informationen bereitstellen.