„Es gibt nur einen gemeinsamen Weg aus dieser Krise“, sagt Marion Röttges, Co-CEO der Remei AG

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Foto: Boethling für BioRe, Remei

Die Remei AG verfolgt mit ihrem All-Holder-Value ein Wirt-schaftsmodell, das Transparenz, Fairness und soziale Standards in den Fokus des Handelns stellt. Gerade hat das Schweizer Unternehmen ein internes Interview mit Marion Röttges, Co-CEO Apparel & Communication der Remei, zur Veröffentlichung freigegeben, in dem Röttges sich zu unternehmerischer Verantwortung, die Bedeutung von Kooperationen für sinnvolle Wertschöpfungsketten und vor allem über die Auswirkungen der Corona-Pandemie äußert. Die zentrale Aussage, dass man gemeinsam mit seinen Partnern Lösungen finden kann, um auch in der Krise nachhaltig zu agieren, möchten wir Ihnen nicht vorenthalten. Lesen Sie hier das ganze Interview.

Vom Saatgut bis zum fertigen Textil. – Die Remei bietet eine komplett nachhaltige Lieferkette für Bio-Baumwolle. Doch geschlossene Läden, gestoppte Produktionen und unterbrochene Lieferketten: Corona erschüttert die Branche. Wie ist das bei der Remei?
Wir befinden uns in einer Art ‚Sandwich‘-Position: Wir sind zeitgleich von der Schließung der Handelshäuser unserer B2B-Partner und vom Stillstand der Fabriken unserer Produktionspartner in Indien in Folge von Ausgangssperren betroffen. Wir sehen aber ein großes Miteinander und einen sehr kooperativen Austausch mit unseren Partnern. Das trägt uns und unsere Vorstellung einer nachhaltigen Form des Wirtschaftens.

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Marion Röttgen zu Besuch bei Century Tirupur, einem Zulieferer. Foto: Presse

Sie verfolgen den sogenannten All-Holder-Value-Ansatz. Was kann man sich darunter vorstellen?
Bei Herstellung und Handel muss es ein Gleichgewicht zwischen Sozialem, Ökologie und Ökonomie geben. Praktisch übersetzt heißt das, dass alle bioRe-Partner füreinander denken und arbeiten. Das ist eine Verantwortung, der wir uns stellen wollen – auch in der Corona-Krise.

Welche neue Rolle kommt dieser Verantwortung seit dem Ausbruch des Coronavirus zu?
Sie wird konkreter: Wir haben schnell begonnen, Informationen von den Produktionsstätten einzuholen und mit unseren Stakeholdern zu teilen. Wir haben die echte Nähe zu unserer vollständigen Lieferkette und wollen wissen, wie es unseren Partnern und Bauern geht. In Tansania spitzt sich das Risiko bei den Bauern in Hinblick auf die Lebensmittelversorgung und einen möglichen Lockdown zu. Außerdem wurde die Versammlungsfreiheit eingeschränkt und bioRe Tanzania Ltd. sucht nach Lösungen, wie der Aufkauf der Baumwolle im Mai stattfinden kann. In Indien soll im Mai die Baumwollaussaat beginnen, es gibt aber eine landesweite Ausgangssperre. Hier sind wir im ständigen Austausch mit bioRe India Ltd., die versuchen sicherzustellen, dass die Bauern genügend Saatgut erhalten können, um den landwirtschaftlichen Betrieb sicherzustellen.

Kooperation ist ein wichtiger Teil des Remei-Modells. Wie könnten sinnvollere kooperative Wertschöpfungsketten generell aussehen?
Richtig, für uns im Bereich Bio-Baumwolle sind faire Handelsbeziehungen eine tragende Säule. Unsere B2B-Partner sind nicht zufällig bei uns: Sie verstehen den Ansatz und ihre Rolle darin und haben großen Anteil an unserem Erfolg. Partnerschaften sind der Schlüssel für die Zukunft, wenn man nachhaltig Textilien produzieren will: Es braucht Experten, die zusammen an nachhaltigen Lösungen arbeiten, und Entscheidungsträger, die sich einer Sache verschreiben und dieses Ziel dann gemeinsam verfolgen. Das hat sich auch bei der Greenpeace Detox-Kollektion gezeigt: eine Herausforderung, bei der alle Partner zusammengearbeitet haben, und für uns ein großer Meilenstein. Aktuell werden die saisonalen Rhythmen der Modebranche kritisch hinterfragt. Es wird unter anderem diskutiert, eine Saison auszusetzen oder Liefertermine zu verschieben.

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Teresia (rechts) und Nkinda (links) auf Teresias Farm. Nkinda ist ein enger Nachbar von Teresia. Foto: Fair Pictures für BioRe

Was macht die Remei und was sagen Ihre Handelspartner?
Es ist gerade zu viel Ware im Markt. Im Sinne der Nachhaltigkeit und der vorhandenen Textilressourcen muss eine sinnvolle Regelung gefunden werden. Die Herausforderung ist also da, beim nachhaltigen wie beim konventionellen Wirtschaften. Von unseren B2BPartnern erlebe ich einen sehr vernünftigen Umgang damit. Wir müssen Lösungen finden, die für alle zumutbar sind. Es gibt nur einen gemeinsamen Weg aus dieser Krise.

Resilienz – eines der Buzzwords dieser Tage. Sind nachhaltige Unternehmen hier im Vorteil?
Davon bin ich fest überzeugt. Unser Wertemodell und seine Sinnhaftigkeit sind unverändert und können auch durch solche Situationen tragen. Entscheidend für unsere Resilienz ist die Verbundenheit in unserem Geschäftsmodell und der Zusammen-arbeit mit unseren Partnern. Außerdem sehen wir die Selbst-wirksamkeit bei Remei als große Stärke: Wir wissen, was wir beitragen können. In der Krise beginnen Konsumenten um zu denken und Unternehmen hinterfragen ihre Geschäftsmodelle und Lieferketten. Ich glaube daher, dass unsere Form des Wirtschaftens an Relevanz gewinnen wird. Wir können die Krise natürlich nicht eliminieren, werden aber hoffentlich zeigen können, dass nachhaltige und sinnhafte Geschäftsmodelle resilient sind und damit weitere Entscheidungsträger im Handel überzeugen können.

Weitere Informationen unter remei.ch.