5 Fragen an Philipp Langer, Mitgründer von LangerChen

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Das Fair-Fashion-Label LangerChen steht seit 2013 für coole Outdoor Pieces, die trotz hoher Funktionalität auf umweltschädliche Ausrüstung verzichten. Miranda Chen leitet die eigene Produktionsstätte in der Nähe von Shanghai, während Philipp Langer von Süddeutschland aus arbeitet. Wir wollten von Philipp Langer wissen, wie die Brand mit der durch den Covid-19-Virus entstandenen Situation umgeht und ob es spezifische Schwierigkeiten durch die in China ansässige Herstellung gibt.

Was bedeutet die durch Corona entstandene Krise für LangerChen, insbesondere weil ihr in China eine eigene Produktionsfirma habt?
Wir sind sehr froh, dass wir in unserer Produktion keinen Infektionsfall gehabt haben. So konnte unsere Fabrik schon bald nach Wiedereröffnung wieder arbeiten – mit den entsprechenden Vorsichtsmaßnahmen wie zum Beispiel dem obligatorischen Mundschutz oder täglich mehrfaches Desinfizieren. Die Corona-Krise bedeutet derzeit für LangerChen vor allem eine extreme Krise auf den Absatzmärkten. China ist uns in Deutschland um zwei Monate voraus und die ‚große‘ Krise hat sich dort bereits gelegt. Weil sie zeitlich auf dem Chinese-New-Years-Holiday und dem schwachen Monat März lag, hat sie in China für uns eher geringe wirtschaftliche Auswirkungen gehabt.

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Diese Krise zeichnet sich nicht nur durch ihre Globalität aus, sondern auch dadurch dass die Mode- und Textilbranche vom Aspekt der Landwirtschaft wie Baumwollanbau über Brands bis zum Handel von A bis Z jeder betroffen ist. Kannst du uns kurz schildern, wie ihr mit diesen einzelnen Aspekten gerade umgeht?
Ja, das ist exakt so. Die lange Lieferkette der Mode ist vom Geldrückfluss der Konsumenten abhängig. Wir sind in der glücklichen Lage, Produktion und Vertrieb in einer Hand zu haben und diesen Anteil des Geldflusses zu kontrollieren. Als Label sind wir es gewohnt, jede Saison wieder eine gesamte Saison im Voraus zu finanzieren. In dieser FS-Saison wird es dennoch sehr eng. Momentan bezahlen die Einzelhändler die offenen Forderungen nur zögerlich und wir brauchen den Cashflow, um die wesentlich größere Order des Winters bei LangerChen zu stemmen. Wir geben unseren Händlern jetzt verlängerte Zahlungsziele bis zu dem Zeitpunkt, wenn auch wir bezahlen müssen. So eine Krise können wir nur gemeinsam meistern!

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Neben den aktuellen FS20-Kollektionen, die kaum bis nicht verkauft werden, stehen die von HW20/21 an. Plötzlich funktionieren diese eingespielten und gewohnten Rhythmen nicht mehr. Was ist aus deiner Sicht eine mögliche Lösung?
Wer braucht denn wirklich im Hochsommer die neuen Winterteile? Wer braucht die neuen Frühjahrs-Looks, wenn bei uns im Februar noch Schneeflocken fliegen? Wir haben soeben eine Initiative ins Leben gerufen, die dieses Thema aufnimmt: #fairfashionsolidarity. Brands und Shops nehmen sich die fehlenden Verkaufsmonate einfach zurück und entwerten die Ware nicht durch frühzeitige. Die Krise zwingt uns alle dazu, das Überleben der Handelsstrukturen zu sichern. Im Grunde genommen, ist genau das nachhaltiges Handeln: Die Warenmengen, die wir auf den Markt bringen, den Ressourcen und dem echten Bedarf anzupassen. So tickt die Fair Fashion schon immer.

Darüber hinaus sind die FS21-Kollektionen bereits in Planung, um zum Beispiel auf der Neonyt und Innatex ausgestellt zu werden. Aber die Messeplanungen sind zum gegenwärtigen Zeitpunkt mehr als unsicher. Dennoch sind Messen – neben Orderplatzierungen – zum Austausch und für persönliche Begegnungen unentbehrlich. Seid ihr mit den Messen im Gespräch? Gibt es Ideen, zum Beispiel den Termin nach hinten zu verschieben?
Das Verschieben der Verkaufssaison um zwei Monate nach hinten hat Folgen für die Beschaffungssaison. Wir schlagen mit unserer Initiative Fair-Fashion-Solidarity vor, die neue Orderrunde in den Zeitraum Mitte August bis Ende September zu legen. Wir glauben nämlich auch nicht, dass die Einzelhändler große Budgets verplanen wollen, wenn das Lager noch voll und die Krise nicht überstanden ist.

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Neben den unzähligen negativen Aspekten, sehen viele – insbesondere in der Green Community – auch Chancen. Welche Chancen siehst du für LangerChen?
Ich hoffe, dass der Impact der Pandemie auf unsere konsumorientierte Welt nicht ohne tiefgreifende Eindrücke vorübergeht. Wir alle spüren, wie sehr unsere Wirtschaft von Konsum und Umsatz abhängig ist. Die Chance ist zu erkennen, an welchem Rad wir drehen müssen, um zu einem ressourcenschonenderen Konsum zu kommen – den die Welt übrigens nicht erst seit Fridays-for-Future braucht. Es liegt an jedem Einzelnen zu erkennen, dass es auch mit weniger geht. Ich wünsche mir, dass wir verstehen, unsere Bedürfnisse unseren weltweiten Ressourcen anzupassen. Das ist ein Credo für bewussteren Konsum. Genau dafür ist das Angebot von LangerChen gemacht. In jeder Krise liegt auch eine Chance!