5 Fragen an Dana Kelly, Research & Developement Managerin bei Agolde

Agolde
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Agolde hat in der aktuellen Herbstkollektion eine Produktinnovation eingeführt: eine Kapsel-Kollektion mit drei Hosenmodellen aus recyceltem Leder. Das Lederrecycling-Verfahren ist neu und wurde von der Brand mit Sitz in Los Angeles eigens entwickelt, um ein neues Kapitel für Agolde und seine Lederwaren aufzuschlagen. Wir haben mit Dana Kelly, Research & Developement Managerin, darüber gesprochen, was transformative Veränderungen für ein Unternehmen bedeuten und welche Vorteile eigene Produktionsbetriebe haben.

Viele Brands haben – insbesondere in diesem Jahr – Nachhaltigkeitsziele veröffentlicht. In der Regel geht es auch darum, nachhaltige Materialien wie Biobaumwolle und recycelte Stoffe zu verwenden. Wie steht ihr dazu? Wie sieht euer Konzept aus?
2020 hat sicherlich allen in der Branche die Augen geöffnet. Es geht nicht mehr um business as usual. Wir ermutigen alle Unternehmen, sich Nachhaltigkeitsziele zu setzen, wobei insbesondere messbare, zahlenbasierte Pläne eine große Rolle spielen.

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Doch bevor man sich Ziele setzt, muss ein Unternehmen seine aktuelle Performance analysieren und verstehen, um entsprechend sinnvolle, transformative und nachhaltige Veränderungen herbeizuführen. Wir arbeiten beispielsweise derzeit mit Branchenexperten aus dem gesamten Wirtschaftssektor zusammen, um unsere Stärken und Schwächen zu bewerten und gemeinsam einen Fahrplan für die Zukunft zu erarbeiten. Sich einfach nur auf organische Biofasern oder recycelte Materialien zu beschränken, reicht nicht aus, um einen nachhaltigen Wandel herbeizuführen oder wie wir sagen: To move the needle.

In der HW20-Kollektion bietet Agolde eine Kapsel aus recyceltem Leder. Was hat euch dazu inspiriert?
Durch unsere intensiven Recherchen und umfangreichen Entwicklungsprozesse sind wir auf dieses Ledergewebe gestoßen und fanden es perfekt, um die Brand-Story von Agolde und Leder als Material in den Fashion Pieces neu zu erzählen. Aber wir können nicht die Lorbeeren für die Herstellung des recycelten Leders einstreichen, ohne die unermüdlichen Bemühungen unserer Partner in den Textilwerken zu honorieren, die fortwährend die Grenzen von Technologie und Innovation überwunden und weiter ausgedehnt haben.

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Denim-Produktion im Unternehmens-eigenem Betrieb in Los Angels.

Wenn ich das Verfahren richtig verstehe, werden Lederabfälle aus Gerbereien zu einer Art Lederwolle verarbeitet, die dann zu Fasern versponnen wird und aus denen das recycelte Leder hergestellt wird. Zur Stabilisierung rüstet man im Anschluss die Innenseite des Leders mit einer Mischung aus Polyester und Viskose aus. Polyester und Viskose gelten aber nicht als nachhaltige Materialien. Warum habt ihr euch nicht zum Beispiel für recyceltes Polyester und EcoVero entschieden?
Ja, das verstehst du richtig. Während des Transports lösen sich kleine Reste von den größeren Lederhäuten, die in der Regel weggeworfen werden. Diese Reste werden nun zu Lederwolle verarbeitet und dann zu einem Garn versponnen. EcoVero und recyceltes Polyester? Sehr gute Frage! Wir überarbeiten derzeit die Zusammensetzung der stabilisierenden Ausrüstung, um deren Eigenschaften hinsichtlich Nachhaltigkeit zu verbessern. Wir wollten aber mit dem recycelten Leder, die ersten am Markt sein, weil es sehr innovativ und besonders ist. Parallel haben wir aber schon begonnen, an der Entwicklung der nächsten Generation zu arbeiten. So stay tuned!

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Viele der Fabriken, in denen produziert wird, gehören zu Citizens of Humanity, ein Schwesterunternehmen von Agolde. Foto: Presse

Transformation ist ein Prozess

Ihr lasst eure Kollektionen größtenteils in Kalifornien und in der Türkei herstellen. Dabei achtet ihr auf die Arbeitsbedingungen in den jeweiligen Fabriken, die zum großen Teil von Citizens of Humanity, das gemeinsam mit Goldsign und Agolde zum selben Denim-Unternehmen gehört, betrieben werden. Die Lieferkette habt ihr dabei fest im Blick. In Europa sind Lieferkettengesetze gerade ein großes Thema. In Deutschland soll 2021 ein Lieferkettengesetz eingeführt werden, dass Marken und Hersteller für die Lieferketten verantwortlich machen soll. Wie geht ihr vor, um zu gewährleisten, dass die Lieferkette transparent und fair ist?
Transformative Veränderungen müssen natürlich in der gesamten Lieferkette stattfinden. Das fängt an mit der Analyse der ökologischen Auswirkungen von Fasern über Design- und Beschaffungsstrategien, Lieferantenaudits und Compliance, durchdachte Produktherstellung, Logistik und führt uns bis zum Endverbraucher. Auf Produktebene arbeiten wir daran, unser nachhaltiges Fasersortiment und unsere Farbstoffe zu diversifizieren. Auf Produktionsebene haben wir in unseren Wäschereien, Nähereien und Büros große Fortschritte gemacht, die zu Effizienzsteigerungen, Ressourceneinsparungen und Kostensenkungen geführt haben.

Vollständige Kontrolle bei Agolde

Aber es gibt immer noch mehr zu tun. Wir sind einer der wenigen vertikal integrierten Denim-Produktionsbetriebe und können daher unsere Produkte sowohl in unseren eigenen Näh- und Wäschereibetrieben in Los Angeles und der Türkei herstellen, aber auch bei einigen ausgewählten Produktionspartnern. Dadurch haben wir nicht nur die vollständige Kontrolle über die Qualität unserer Produkte, sondern auch über die Zahlung fairer Löhne, die Gewährleistung sicherer Arbeitsbedingungen und Investitionen in unsere modernisierten Fabriken.

Video mit Frederico Pagnetti, COO bei Agolde, zur Veranschaulichung der vertikalen Integration und Expansion.

Transparenz, Reduzierung der CO2-Emissionen, faire Löhne und Arbeitsbedingungen und andere Aspekte einer nachhaltigen Textilindustrie sind für die Endverbraucher in Deutschland ein wichtiges Thema, das durch die Covid-19 Pandemie noch verstärkt wurde. Habt ihr Feedback von euren Kunden in der DACH-Region? Und sind diese Themen auch in den USA relevant?
Auf jeden Fall. Die Kunden in den USA und in der DACH-Region sind sich mehr denn je dieser Umstände bewusst und verstehen die Auswirkungen ihrer Kaufkraft. Sie wollen nicht nur ein Produkt, mit dem sie sich wohl fühlen und gut aussehen, sondern sie erwarten, dass Mode unter Berücksichtigung von sozialen wie auch ökologischen Kosten produziert wird. Es ist tatsächlich so, dass unsere europäischen Partner sich der ökologischen Auswirkungen der Textilindustrie besonders bewusst sind. Sie sind oft die ersten, die sich um Transparenz in der Lieferkette bemühen.