Umdenken gewohnter Strukturen – Luiza Philipp & Mandie Bienek, Geschäftsführerinnen Press Factory GmbH

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v.l.: Luiza Philipp & Mandie Bienek, Geschäftsführerinnen Press Factory GmbHFoto: Press Factory

Fehlende Planungssicherheit, Sorge um die Kunden, aber auch neue Impulse, Gemeinschaftssinn und Chancen: Die Coronakrise fordert die Berliner PR-Agentur Press Factory derzeit zu Höchstleistung auf, aber auch zum Umdenken gewohnter Strukturen. Vom Kommunikations- zum Krisenmanagement: Luiza Philipp & Mandie Bienek, Geschäftsführerinnen im Interview über die Zeit in der Coronakrise.

Wie gehen Sie mit der aktuellen Lage persönlich um?
Für uns ist Corona ein kollektives Trauma, das in allen Bereichen der Gesellschaft noch lange nachwirken wird. Als Unternehmerinnen und Arbeitgeberinnen versuchen wir jedoch, einen klaren Kopf zu behalten und positiv zu bleiben. Wir sind im tagtäglichen Austausch mit Kunden, Partnern, Medien und Mitarbeitern und versuchen, hier neue Impulse zu setzen. Solidarität und ein unterstützendes Miteinander steht für uns gerade an erster Stelle. Jede Krise schafft unserer Meinung auch Chancen und deshalb nutzen wir die Situation, um Gewohntes zu hinterfragen und Zukunftsthemen schneller voranzutreiben. 

Wie schätzen Sie die Lage in den kommenden Wochen ein?
Nach der ersten Schockstarre fangen neue Denkprozesse an. Wir prüfen gerade, ob altbewährte Systeme und Prozesse auch noch in der Zukunft funktionieren werden. Die Modeindustrie hatte schon vor Corona eine Krise, diese wurde nur weggedrückt. Die Pandemie beschleunigt den Prozess der digitalen Transformation. Insbesondere für mittelständische Unternehmen ist dies aber eine echte Herausforderung, hier sind wir bei vielen unserer Kunden als Experten gefragt. Wie können jahrelange Versäumnisse beim Onlineshop, beim Community-Building oder in der Ansprache neuer Zielgruppen innerhalb kürzester Zeit abgefangen werden? Gleichzeitig gibt der gegenwärtige Stillstand auch Raum für Kreativität und die Chance für ein Reset. 

Was ist die größte Herausforderung, mit der Sie derzeit konfrontiert werden?
Als Agentur und Dienstleister fehlt uns gerade die Planungssicherheit. Wir haben viele Kunden, die von dem Shutdown unmittelbar betroffen sind. Für uns geht es aktuell ums Überleben mit den großen Fragen der Zukunft. Was kommt nach Corona und wie können wir uns und unsere Kunden bestmöglich darauf vorbereiten, um eventuell auf die nächste Krise besser vorbereitet zu sein?

Welche Erwartungen haben Sie und von wem verlangen Sie Unterstützung?
Wir hoffen darauf, dass die Modebranche Solidarität beweist und das aktuelle System revolutioniert. Wir brauchen einen radikalen Kurswechsel. Wachstum und Profit allein können in der Zukunft nicht mehr die alleinigen Motivationen sein. Hier sind alle gefragt. Produzenten, Unternehmen, Marken, Agenturen aber auch die Verbraucher, denn Epidemien sind auch ein Produkt von Massengesellschaften. Sie sind ein Ergebnis unseres Haushaltens, Wirtschaftens, unserer Lebensweise. Nur wenn alle gemeinsam an einem Strang ziehen, ist ein fundamentales Umdenken und Handeln möglich. 

Welche strategischen Lösungen setzen Sie kurzfristig/langfristig ein, um unternehmerisch auf
Als Unternehmen arbeiten wir derzeit so, als würden wir in naher Zukunft wieder in die Normalität zurückkehren, denn alles andere wäre ein falsches Signal. Langfristig packen wir gleichzeitig aktiv Zukunftsthemen wie digitale Marketing-Trends und The New Consciousness an, denn wir glauben, dass die Isolation die digitale Kommunikation noch einmal mehr vorantreiben wird und die Wertewelt der Menschen prägen bzw. nachträglich verändern wird. Und das entspricht auch dem Mindset unserer Agentur. Auch die Art wie wir unser Business betreiben, wird sich unserer Meinung nachhaltig verändern, denn nun wird sicher auch den Letzten klar, dass man nicht mehr für jedes Meeting nach London, Amsterdam oder Paris fliegen muss.

Welche positiven Lösungen/Denkansätze für die Zukunft können Sie aus der momentanen Ausnahmensituation für sich gewinnen?
Die Corona Krise in ihrer ganzen Komplexität wird die Branche möglicherweise zum Guten verändern. Nachhaltigkeit ist unserer Meinung die Notwendigkeit zukünftigen Handelns. Wir müssen von der reinen Wachstumslogik wegkommen und ein gesundes Gleichgewicht schaffen zwischen Wirtschaft, Rentabilität und Menschlichkeit. Das aktuell allgegenwärtige Home Office ist also auch ein Testlabor für neue, effiziente und nachhaltige Möglichkeiten, zusammenzuarbeiten, gemeinsam kreativ zu sein, oder Teams auch über große Distanzen hinweg zu organisieren. Strategisch bedeutet das für uns auch, noch agiler auf Kundenbedürfnisse eingehen zu können und bei Bedarf engmaschigere Abstimmungs- und Austauschprozesse zu implementieren.