Auf der Suche nach dem perfekten T-Shirt: Benjamin Heyd über die Entstehung von SANVT

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Foto: SANVT

Die Geburtsstunde von SANVT schlug 2018, als Benjamin Heyd gemeinsam mit seinem Bruder Felix die Marke ins Leben rief. Innerhalb kürzester Zeit erlangte die Brand einen hohen Bekanntheitsgrad. Der Beginn des Erfolgs war jedoch eng mit einem persönlichen Bedürfnis verbunden. Im Interview mit J’N’C erzählt Benjamin Heyd die Entstehungsgeschichte des Unternehmens, welche Werte dahinter stehen und was er gerne früher gewusst hätte.

Können Sie uns einen Einblick in die Entstehung und die Idee hinter SANVT geben? 
Was meinen Bruder und mich zur Gründung bewegt hat, waren eigentlich unsere Bedürfnisse als Konsumenten. Zum einen konnten weder mein Bruder noch ich ein für uns perfektes T-Shirt mit einem ansprechenden Preis-Leistungs-Verhältnis finden. Zum anderen hatten wir echte Probleme mit der Passform der klassischen Konfektionsgrößen.
Auf dem Markt hatten wir nur die Wahl zwischen minderwertiger Billigware oder Designer-T-Shirts, die zwar eine gute Qualität hatten, uns aber zu teuer erschienen und oft auch noch sichtbar gebrandet waren. Hinzu kamen Probleme mit der Passform – ein klassisches Medium war mir persönlich meist zu kurz und ein Large meist zu weit. 
Also machten wir uns an die Entwicklung des perfekten T-Shirts, das wir seit der Gründung von SANVT mit hervorragenden Produktionspartnern in Portugal herstellen. Um das Problem der Passform in den Griff zu bekommen, haben wir ein eigenes Größensystem entwickelt, das Weite und Länge als unabhängige Variablen betrachtet. Bei uns trage ich zum Beispiel ‚Medium Long‘. Unser Online-Direktvertrieb ermöglicht es uns zudem, das perfekte T-Shirt weit unter dem handelsüblichen Marktpreis für vergleichbare T-Shirts anzubieten.

Benjamin Heyd
Benjamin Heyd, Head of Marketing & Co-Founder SANVT Foto: SANVT

SANVT legt in jeder Phase der Produktentwicklung Wert auf Nachhaltigkeit. Wie gelingt es Ihnen, die Nachhaltigkeitswerte des Unternehmens so konsequent in allen Bereichen, von den Materialien bis zur Produktion, umzusetzen?
Auch bei der Auswahl der Materialien spielen Nachhaltigkeitsaspekte eine entscheidende Rolle. Hier liegt unser Fokus jedoch eindeutig auf der Langlebigkeit. Obwohl fast alle unsere Produkte aus zertifizierter Bio-Baumwolle hergestellt werden, entscheiden wir uns manchmal bewusst dagegen. So produzieren wir unseren Bestseller ‚das perfekte T-Shirt’ bis heute aus 100 Prozent Extralangstapel-Baumwolle aus den USA. Diese ist zwar nicht klassisch biologisch, aber durch die extra langen Fasern extrem hochwertig, deutlich robuster und damit auch viel langlebiger als alle auf dem Markt erhältliche Bio-Baumwolle.
Unsere Produktionspartner wählen wir gezielt nach nachhaltigen Produktionskriterien wie grüner Energiegewinnung, GOTS-Zertifizierung und Zero-Waste-Pattern-Cutting-Fähigkeiten aus.

Sie erwähnten vorhin, dass die exklusiven Stoffe von SANVT in Zusammenarbeit mit portugiesischen Partner:innen entwickelt werden. Wie haben Sie diese Partnerschaften aufgebaut und welche Vorteile bieten diese spezifischen Produktionspartner:innen für die Vision von SANVT?
Natürlich war es hilfreich, dass ich schon vor der Gründung von SANVT in der Modebranche tätig war und so auf ein relativ großes Netzwerk in Portugal zurückgreifen konnte. Gerade am Anfang – als kleines Start-up, mit kleinen Stückzahlen – ist der persönliche Kontakt zu den Herstellern extrem wichtig. Nur so können wir Vertrauen aufbauen und gemeinsam wachsen.
Wir haben extrem viel Wert darauf gelegt, mit absoluten Spezialisten zusammenzuarbeiten: So wird unsere Chino von einem Hersteller produziert, der als absolute Koryphäe gilt. Gleiches gilt für unsere Sweatshirt- und T-Shirtpartner. 
Unsere Produktionspartner teilen unsere Vision von fairen Arbeitsbedingungen und wirklich nachhaltigen Produktionsprozessen. Die geografische Lage zwischen Nordportugal und unserem Lager in München hilft natürlich auch, die Transportwege zu minimieren.

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Foto: SANVT

Sie haben eine eigene Studie zur CO2-Bilanz einzelner Produkte. Können Sie uns einen Einblick in diesen Prozess geben und wie Sie es geschafft haben, Produkte mit so geringen CO2-Emissionen herzustellen?
Ja, wir analysieren, minimieren und kompensieren den CO2-Fußabdruck all unserer Produkte. Von Anfang an haben wir dabei mit ClimatePartner zusammengearbeitet. Gemeinsam haben wir die produktspezifischen CO2-Emissionsberechnungen durchgeführt und dabei alle freigesetzten Emissionen inklusive Rohstoffe, Verpackung und Herstellung berücksichtigt. Bei der Minimierung von CO2-Emissionen geht es im Wesentlichen um drei Stellschrauben. Es geht darum, Transportwege zu minimieren, ressourcenschonende Materialien einzusetzen und auf umweltfreundliche Produktionsprozesse zu achten: Hier steht vor allem die Art der Energieerzeugung in der Fabrik im Fokus. So werden beispielsweise über 80 Prozent unserer Kollektion in Fabriken produziert, die ausschließlich mit eigenen Photovoltaikanlagen betrieben werden.

Wie setzen Sie Technologie ein, um Ihre Werte Nachhaltigkeit, Qualität und faire Preise zu unterstützen und welche Rolle spielt die Digitalisierung in Ihrer Unternehmensstrategie?
Die wichtigsten technologischen Faktoren sind unser Größensystem sowie der Direktvertrieb über unseren Online-Shop. Viele Prozesse, wie zum Beispiel das Retourenmanagement, sind vollständig automatisiert und werden von eigens entwickelten Softwarelösungen übernommen. Dennoch setzen wir weiterhin auf ein starkes internes Team im Kundenservice. So wollen wir unsere Kundinnen und Kunden optimal beraten: ob per Chat, E-Mail oder Telefon. 
Unser noch relativ kleines Team und die schlanken internen Prozesse ermöglichen es uns letztlich, mit ungewöhnlich niedrigen internen Margen zu operieren und so unseren Kundinnen und Kunden das qualitativ bestmögliche Produkt zum bestmöglichen Preis anbieten zu können.

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The perfect Shirt Foto: SANVT

Ihr eigenes Größensystem minimiert unter anderem auch die Retouren. Wie herausfordernd war die Umsetzung und was könnten andere Marken nachmachen?
Unser Größensystem war am Anfang tatsächlich eine große Herausforderung. Zum einen, weil wir hier extrem viel getestet haben, unzählige Anproben organisieren mussten und sehr tief in die Analyse dieser Daten eingestiegen sind. Aber wir waren und sind der Meinung, dass wir nur so unser Größensystem wirklich an die Bedürfnisse der allermeisten Männer anpassen können. 
Im zweiten Schritt gab es natürlich auch Herausforderungen in der Produktion und Lagerhaltung. Denn alle unsere Essentials gibt es in über 20 Weiten- und Längenvarianten. Im Vergleich zu den klassischen fünf Konfektionsgrößen ist das natürlich eine logistische Herausforderung.
Um unseren Kundinnen und Kunden die Suche nach der perfekten Größe in unserem Online-Shop zu erleichtern, haben wir einen Algorithmus entwickelt, der hilft, die beste Passform zu ermitteln. Wir haben festgestellt, dass Erstkundinnen und -kunden, die diesen Größenfinder auf unserer Website nutzen, tatsächlich eine signifikant niedrigere Retourenquote haben als Kundinnen und Kunden, die ohne den Algorithmus bestellen. Da Größe und Passform sicherlich die Hauptgründe für Retouren sind, liegt hier sicherlich auch Potenzial für viele andere Onlinehändler beziehungsweise Marken.

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Rückblickend von der Gründung von SANVT bis heute: Welche Dos und Donts fallen Ihnen spontan ein und was hätten Sie gerne früher gewusst?
Rückblickend war die Lagerplanung sicherlich der Bereich, in dem wir die meisten Fehler gemacht haben. Bis heute unterschätzen wir manchmal die Nachfrage und die Lieferzeiten. Das führt oft dazu, dass einige unserer Essentials in vielen Größen und Farben für längere Zeit ausverkauft sind. Für eine Marke mit einer permanenten Ganzjahreskollektion wie SANVT eigentlich ein vermeidbares Problem und betriebswirtschaftlich alles andere als ideal.
Zu den Do’s gehört sicherlich unsere Ausdauer und der unbedingte Wille, wirklich perfekte Essentials zu entwerfen. So dauert der Entwicklungsprozess bei uns manchmal Jahre, denn erst wenn wir von einem Produkt 100 Prozent überzeugt sind und es ausgiebig getestet wurde, bringen wir es auf den Markt. Dabei haben wir von Anfang an gelernt, uns nicht mit der vermeidbar einfachsten Lösung – in Bezug auf Stoff oder Material, Konstruktion oder Fertigung – zufrieden zu geben, sondern beharrlich nach der idealen Lösung zu suchen. Mit jedem Produktionsdurchlauf bestehender Produkte wollen wir auch heute noch besser werden, hören sehr genau auf das Feedback unserer Kunden und hinterfragen buchstäblich jedes Detail und jede Naht. Nur so kommen wir der Perfektion wirklich Schritt für Schritt näher. Dass dabei viel Geduld gefragt ist, hätte ich mir wahrscheinlich denken können, aber ich hätte es sicher gerne früher gewusst.

Mehr unter sanvt.com.