Ein Gespräch mit Alina Schürfeld über nachhaltiges Schuhdesign, Lockdown & Frankfurt Fashion Week

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AlinaSchuerfeld ist eine der wenigen Premium Footwear-Brands, die von Beginn an ihr Schuhdesign nach ökologischen und fairen Prämissen ausgerichtet hat. Die von Alina Schürfeld gewählten Leder sind chromfrei gegerbt. Zu ihren Signature Pieces gehören Modelle aus Lachsleder, das zu 100 Prozent chromfrei gegerbt wird und mit seiner Reptilien-artigen Struktur einen einzigartigen Look kreiert. Wir wollten von Alina Schürfeld wissen, wie sie die durch COVID-19 geprägten Monate erlebt hat und wie sie die Zukunft der Fair Fashion Szene einschätzt.

Die letzten Monate waren für die gesamte Fashion Branche eine enorme Herausforderung: Lockdown, keine Messen, stornierte Aufträge – you name it. Wie hat sich die Corona-Krise konkret auf deine Brand ausgewirkt?
Das Corona-Virus hat sich in sämtlichen Bereichen unserer Brand ‚ausgebreitet‘. Mit der Auslieferung der SS20 Kollektion waren wir in diesem Jahr relativ früh dran. Was uns natürlich zugute kam, da wir die Ware schon Ende Februar, sprich vor dem Lockdown, bekamen. Somit beginnt das Chaos eigentlich erst mit dem Verkauf der SS20, der Produktion der FW20/21 Kollektion und der Bemusterung der SS21 Kollektion. Kurz gesagt: Es hat sich alles um mindestens zwei Monate nach hinten verschoben. Mit der temporären Schließung des stationären Handels haben wir uns natürlich auf unseren Onlineshop und Social Media Kanäle konzentriert, um darüber vermehrt Verkäufe zu generieren und im Kontakt mit unseren Kunden zu bleiben. Besonders motivierend war hierbei der Support der Community, die eine solidarische Haltung sowie ein solidarisches Konsumverhalten zur Unterstützung lokaler Marken und Geschäfte eingenommen hat.

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Die FW20/21 Kollektion von AlinaSchuerfeld steckt nun mitten in der Produktion und wird im Herbst ausgeliefert. Wohlgemerkt dann, wenn die Ware saisontechnisch auch erst gebraucht wird. Das finde ich eigentlich durchaus positiv und hoffe, dass diese erzwungene Entschleunigung uns langfristig ein Stück weit erhalten bleibt. Dass einige Aufträge der FW20/21 storniert wurden ist naheliegend. Für SS21 haben wir das Schuhdesign und die Entwicklung an neuen Schuhmodellen reduziert und bekommen die Samples erst in den nächsten drei Wochen ausgeliefert. Trotz der wirtschaftlichen Krise haben wir einige Anfragen interessierter Neukunden – es handelt sich dabei übrigens ausschließlich um Geschäfte, die Wert auf Nachhaltigkeit und Ethik legen. Das ist ein Zeichen dafür, dass ein Umdenken stattfindet und sich die Modebranche zeitgemäß aufstellt.

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In der Branche wird im Augenblick viel über Learnings durch die Pandemie gesprochen. Was hast du aus der Krise gelernt auch für dein Schuhdesign und inwiefern hat sich für dich etwas geändert?
Die Modebranche steckte schon vor Covid-19 in der Krise. Durch Corona jedoch wurde die Notwendigkeit eines Wandels in der Modebranche beschleunigt. Das gilt im strategischen Sinne auch für uns. Viele Themen, welche wir derzeit bearbeiten und überdenken, lagen schon vor dem Ausbruch auf dem Tisch. Wir müssen zum Beispiel unsere Produktionsprozesse und Lieferketten optimieren, um Abhängigkeiten zu minimieren. Wir müssen Lösungsansätze finden, die uns eine gewisse Flexibilität einräumen und eine schnellere Reaktion auf den Markt zulassen. Digital muss eine Erlebniswelt geschaffen werden, welche den Kunden noch stärker in das Markenuniversum einbezieht, ihn fesselt und motiviert, sich tiefgründiger mit unserer Brand und daraus resultierend mit dem Thema Nachhaltigkeit zu beschäftigen. Es geht hierbei unter anderem um die Wertschätzung eines Produktes und seiner Entstehungsgeschichte. Schon vor der Krise zeichnete sich ein bewussteres Konsumverhalten ab. Durch die Krise wurde dieser Effekt verschärft, wovon wir – als nachhaltige Brand – profitieren!

Wie beeinflussen die durch Covid-19 entstandenen Schwierigkeiten dein Schuhdesign und deine kommenden Kollektionen? Gibt es beispielsweise Änderungen hinsichtlich der Materialbeschaffung und Produktion?Deutschland als Produktionsstandort liegt uns sehr am Herzen. Wir schätzen die Zuverlässigkeit, die Qualität, das Handwerk und gleichzeitig investieren wir in die eigene Wirtschaft. Wir haben folglich die Zusammenarbeit mit in Deutschland ansässigen Gerbereien laufend intensiviert und so mit der Zeit ein sehr gutes und zuverlässiges Netzwerk aufgebaut. Hinsichtlich der Beschaffung des Oberleders hat sich demnach bei uns nicht viel verändert. Wir haben unser Produktportfolio um weitere Accessoires ergänzt, welche im Herbst erhältlich sein werden. Schuhe sind ein sehr komplexes, zeitintensives Thema, sowohl in der Herstellung als auch im Vertrieb, so dass wir nun Produkte entwickelt haben, die schneller umzusetzen und unabhängig von Größe und Passform sind – natürlich abgestimmt auf unser Schuhdesign.

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Wie gehst du damit um, dass Messen wie Premium und Neonyt ausfallen? Was bedeutet das hinsichtlich der Order? Und gibt es für dich beispielsweise digitale Alternativen?
Wir konzentrieren uns wie gehabt auf einen engen, persönlichen Austausch mit unseren Kunden und vereinbaren Kollektionspräsentationen und Ordertermine vor Ort bei unseren Geschäftspartnern oder verschicken Musterteile zur Ansicht. Auf digitale Alternativen sind wir bisher noch nicht eingegangen, diese werden aber in Zukunft auch bei uns eine wichtige Rolle spielen.

Was sagst du zum Umzug der Neonyt und Premium nach Frankfurt?
Als bekannt wurde, dass Neonyt und Premium ab Sommer 2021 in Frankfurt stattfinden werden, war ich tatsächlich sehr überrascht. Mit einem kreativen, dynamischen, zukunftsweisenden Fashion-Hotspot habe ich die Börsen- und Bankenmetropole nicht gerade in Verbindung gebracht. Aber vielleicht bietet genau diese Kombination die Möglichkeit etwas Neues zu generieren: Ein interdisziplinäres, international ausgerichtetes Zentrum, welches Mode, Technologie, Innovation, Digitalisierung und Wirtschaftskraft unter einem Dach bündelt und somit fortschrittliche und effiziente Synergien innerhalb der Branche akzeleriert und bekräftig. Diese Verschmelzung ist für alle Akteure von Vorteil und somit wird die Frankfurt Fashion Week definitiv relevant für uns sein. Eine derartige Zentralisierung der Messen und Konferenzen auf dem Frankfurter Messegelände erleichtert den Zugang, ist zeitoptimierend, fördert den direkten Austausch und schnürt die Branche enger zusammen.
Für Berlin bedaure ich diesen Umzug sehr, wenngleich die Zeit reif für eine Veränderung ist. Frankfurt, wir freuen uns auf dich! Aber bitte ergreife diese Chance und setz das Thema Nachhaltigkeit von Anfang an in den Mittelpunkt dieses neuen Konzeptes. Berlin, die Neonyt und viele deutsche Designer sind diesen Weg bereits vorausgegangen und nun liegt es auch an Frankfurt, Fashion, Sustainability, Innovation, Digitalisierung sowie den Modestandort Deutschland auf ein anderes Level zu heben.