5 Fragen an Hussein Chalayan

Hussein Chalayan
Modedesigner Hussein Chalayan lehrt ab dem Wintersemester 2019/2020 an der HTW Berlin.Foto: Alexander Rentsch

Grundlagen Gestaltungsbasis und Entwurfsprozesse – so lautet das Lehrgebiet, das Modedesigner Hussein Chalayan zum Wintersemester 2019/2020 an der Berliner Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW Berlin) als Professor übernimmt. Der Fachbereich Gestaltung und Kultur des Modedesign Studiengangs soll den Schwerpunkt Nachhaltigkeit und Innovation haben und durch interdisziplinäre Forschung und praxisnahe Kooperationsprojekte mit der internationalen Modebranche seitens Chalayans bereichert werden. Wir sprachen mit dem Designer über die Verantwortung des Lehrstuhls und das System der Mode.

Worauf freuen Sie sich am meisten, wenn Sie an die Zusammenarbeiten mit den Studenten denken?
Mode ist nur ein Teil von vielen anderen Bereichen, daher freue ich mich schon jetzt sehr darauf, was passiert, wenn sich dieser Bereich mit anderen Disziplinen vermischt. Das ist nicht mein erstes Mal als Dozent, denn ich war rund fünf Jahre in Wien an der Universität für angewandte Kunst tätig. Doch darin besteht eigentlich die Herausforderung, da meine Arbeit an der Berliner HTW sich mit großer Wahrscheinlichkeit differenzieren wird. Doch die eigentliche Idee ist es, meine Erfahrungen aus 25 Jahren als Designer mit den Studenten zu teilen und mit ihnen so gut es geht zu connecten.

Da Sie nicht das erste Mal einen Lehrstuhl innehaben, scheint Sie irgendetwas an der Arbeit mit Nachwuchs zu reizen…
Ich würde mich selbst als einen sehr empathischen Menschen bezeichnen und das sollte man auch sein, wenn man lehren möchte. Ich liebe aber auch einfach die Teamarbeit und helfe sehr gerne jungen Menschen. Nächstes Jahr werde ich 50. Es ist also kein schlechter Zeitpunkt, meine Erfahrungen als Mentor zu teilen – eine große Verantwortung, wie ich finde. Aber es geht hier eigentlich nicht um mich, sondern um die Studenten.

„Die Kunst liegt darin, etwas, das experimentell erscheint, in etwas Tragbares zu entwerfen.“

Bleiben wir dennoch bei Ihnen. Sie sind bekannt für ihren avantgardistischen Designansatz und erfolgreich im Spagat zwischen kommerzieller und progressiver, andersartiger Mode. Doch wie vermittelt und triggert man sogar solch einen kreativen Prozess in Nachwuchstalenten, die ihre ganz eigenen Designsprachen mit sich bringen?
Beim Entwerfen von Mode geht es darum, wie man eine Idee in etwas Tragbares verwirklichen kann. Zwar arbeite ich auch sehr experimentell, aber gleichzeitig liefere ich auch kommerzielle Mode ab. Meinen Studenten möchte ich genau das beibringen: die Dualität zwischen High Level und praktische Designs. Die Kunst liegt darin, etwas, das experimentell erscheint, in etwas Tragbares zu entwerfen. Ich kann ihnen dabei helfen, ihre Perspektive zu schärfen, die Recherche zu verbessern und die Mittel zu definieren sowie das Handwerk dafür zu entwickeln.

Nun werden diese Jungdesigner mit einem antizyklischen Modesystem konfrontiert, das ohnehin schon kurzlebige Trends noch schneller konsumiert und von überholten Saisons eingespannt wird. Was muss sich Ihrer Meinung nach ändern und was geben Sie den Studenten auf den Weg für die harte Realität?
Das ist sicherlich der weniger aufregende Part in der Mode: die Geschwindigkeit. Ich persönlich baue daher sehr viel auf periodische Arbeiten; sprich ein paar Kollektionen, die miteinander vernetzt sind und damit der Idee des Slow Fashion folgen. Ich entwickle und verbessere sie sozusagen innerhalb dieses Prozesses, während ich auch immer wieder etwas Neues hinzufügen kann. Der Mode fehlt es derzeit an mehr Qualität und setzt stattdessen auf Quantität. Dabei haben wir bereits genug Ware auf diesem Planeten. Ich bin der Meinung, dass nicht jeder Designer hunderte von neuen Teilen auf den Markt bringen sollte. Es sollte alles wieder fokussierter ablaufen, nur das produziert werden, das auch gut und ansprechender ist – keine leichte Aufgabe, weil das auch deutlich mehr Entschlossenheit und weniger Gier von uns abverlangen würde. Slow Fashion und definierte Ideen, statt Überproduktion sind wichtige Impulse für die Zukunft, die vor allem der Nachwuchs setzen kann.

Lange ist es ja nicht mehr hin bis zur ersten Vorlesung. Worauf freuen Sie sich am meisten?
Darauf, die Studenten kennenzulernen und mit dem Team vor Ort zu arbeiten. Und auf Berlin freue ich mich ohnehin! Ich bin gespannt auf diese Zeit. Es wird für uns alle ein Neuanfang sein.