Seit 2018 ist Anne Cavassa Präsidentin des US-amerikanischen Sneakerlabels Saucony, das bereits 1910 gegründet wurde. Sie hat innerhalb weniger Jahre vieles bewegt und führt das Traditionsunternehmen in seine womöglich mitunter erfolgreichste Ära. Wir trafen sie zum Launch des neuen Saucony x Tombogo Butterfly Realease in Paris und baten sie zum 5 Fragen-Interview.
Saucony ist eine Sneakermarke mit einer klaren, progressiven Vision und du bist definitiv ein Teil dieser Vision, da du euer Markenwachstum durch unermüdliches, verbraucherorientiertes Storytelling und Commitment für Marketing und Produktinnovation vorantreibst. Aber wie definieren sich diese drei Säulen eigentlich im Jahr 2022?
Es geht darum, ständig auf der Hut zu sein, wie wir mit unseren Verbraucher:innen in Kontakt treten. In 2022 haben wir bei Saucony abermals feststellen müssen, dass der Sneakermarkt unglaublich überfüllt ist. Wir sind ‚nur’ eine Nischenmarke in einem Meer von großen Brands. Aber es gibt eben auch Dinge, die Saucony einzigartig machen. Diese Eigenschaften bringen wir zusammen, um ein differenziertes Produkt und eine differenzierte Markenpersönlichkeit zu schaffen. Dazu gehören beispielsweise unsere Entwicklung zu einer innovativen Laufmarke. Schließlich sind wir in erster Linie eine Running-Brand. Nehmen wir beispielsweise den Endorphin Pro 3, unser innovativster Schuh, den wir als Unternehmen je gemacht haben. In ihm steckt ein Erbe, das über 100 Jahre zurückreicht. Wir erwecken all das aber nicht nur durch unser Produkt zum Leben, sondern auch durch die Art und Weise, wie wir unsere Geschichten erzählen. Wie in unserem Dixon-Trainer, der in Anlehnung an Rod Dixon entstanden ist, der 1983 den New York City Marathon gewann. Ich weiß nicht, ob Rod heute noch irgendjemandem etwas bedeutet, aber die Tatsache, dass wir Laufschuhe und einen New York City Champion in den Achtzigern gebaut haben, verleiht uns Glaubwürdigkeit und treibt diese Verbindung von Innovation von damals bis heute voran und garantiert Lifestyle-Verbraucher:innen die Glaubwürdigkeit, die er oder sie von einer Traditionsmarken wie uns erwartet. Wir verbinden uns aber auch auf kultureller Ebene mit unseren drei großen Zielgruppen: auf der Straße, auf dem Trail und im Lifestyle. Wenn wir also unsere Marke und das, was in diesem Jahr und in Zukunft passiert, sortieren, geht es wirklich darum, diese Geschichten aus einer kreativen Perspektive zu erzählen. Dafür haben wir unsere kreative Ausrichtung überarbeitet. Dabei geht es aber nicht ausschließlich um ein Rebranding oder die neue Route, die wir jüngst eingeschlagen haben, sondern auch um die reale Verbindung zu den Menschen der Zielgruppen, den Communities vor Ort und die reale Investition in diese drei Communities.
Storytelling und Community sind also klare Schlüsselbegriffe für euch. Aber du sagtest ja bereits, dass auch das Erbe bei Saucony eine große Rolle spielt und immer wieder in aktualisierte und neue Styles einfließt. Worauf können wir uns also in der Saison Frühjahr/Sommer 2023 freuen?
Für Frühjahr/Sommer 2023 haben wir eine wirklich großartige Kollektion. Wir haben unsere klassischen Archive-Pieces, ikonische Stücke, wie den Shadow Five, den Shadow Six und natürlich den Jazz mit dabei, aber wir bringen auch die Grid-Familie zurück, darunter den Grid American, Grid Omni und Grid Web. Außerdem das Mushroom Pack, ein veganes faszinierendes Produkt, das aus nachhaltigen und biobasierten Materialien besteht. Und nicht zu vergessen: der Dixon Trainer.
Du sprachst gerade vom Grid. Diesen Sommer kehrt Saucony mit dem 3D Hurricane zu eben jenem Grid-Modell zurück. Was macht diese Schuhe so besonders?
Damals war der Grid mit seinen Eigenschaften topaktuell. Es ging um Innovation und Stabilität und darum, dass man länger laufen konnte, nicht zwingend darum, den schnellsten Schuh zu bauen. Wir wollten mit dem Grid gewährleisten, dass man weiterlaufen kann als bisher und die Liebe zum Running bestärkt. Wie gesagt: Damals war der Schuh sehr innovativ. Heute repräsentiert er eine Ära mit einer wirklich guten Energie und, ganz wichtig, ist im Vergleich zu einigen Schuhen, extrem bequem.
Das Thema Nachhaltigkeit wird bei Saucony unter anderem durch das Mushroom Pack gefördert und bis 2030 plant ihr sogar eine hundertprozentige Kreislaufwirtschaft. Aber wie ist Saucony im Hinblick auf eine faire und verantwortungsvolle Produktion strukturiert?
Wir denken in drei Kategorien: Innovation, Nachhaltigkeit und Langlebigkeit. Dabei achten wir natürlich auf faire, ethische und nachhaltige Geschäftspraktiken. Dafür müssen wir sicherstellen, dass die Partner:innen, mit denen wir zusammenarbeiten, in erster Linie fair und ethisch korrekt handeln und behandelt werden. Wenn es um Nachhaltigkeit geht, müssen wir aber auch auf den Materialverbrauch, Zuschnitt und Produktion achten. Natürlich kommen dafür unter anderem recycelte Materialien oder biobasierte Materialien vermehrt zum Einsatz. Schließlich gibt es da draußen eine Menge Plastik, die wir anderweitig verwenden wollen. Im Idealfall nutzen wir biobasierte Materialien, aber es geht auch darum, noch weniger Materialien einzusetzen. Also, wie können wir effizienter werden und weniger Abfall produzieren? Im Laufsport hält ein durchschnittlicher Laufschuh etwa 450 bis 560 Kilometer. Wie können wir aber einen Laufschuh herstellen, der doppelt so lang hält? Nachhaltigkeit kann nämlich auch Langlebigkeit bedeuten. Allerdings liegt bei Laufschuhen die Herausforderung in Sachen Nachhaltigkeit vor allem im Klebstoff und im Kunststoff. Es ist wirklich schwer, das nachhaltig zu machen.
Nächstes Jahr um diese Zeit werden wir den Triumph auf den Markt bringen, einen unserer gepolsterten Premium-Schuhe, der zu 100 Prozent aus recyceltem Material besteht. Letztlich verhält sich Nachhaltgikeit ähnlich wie der Laufsport. Es geht um stetige Fortschritte, andauernde Verbesserung und es bringt die Dinge voran. So werden auch wir uns immer weiter anstrengen. Natürlich wollen wir ein gutes Kerngeschäft aufbauen, aber wir wollen auch Menschen dort inspirieren, wo sie sich in ihrem Leben gerade befinden und das Beste daraus herausholen wollen – ob durch Running oder Lifestyle. Ich weiß, das klingt ein bisschen idealistisch, aber warum kommen die Leute überhaupt zu Marken? Warum sollten sie genau unsere Marke einer anderen vorziehen? Ich glaube, dass es mit unseren Werten zu tun hat und damit, wer wir im Kern sind.
Wo sich Saucony zukünftig sieht, lässt sich auch anhand der neuesten Collab mit Tombogo erkennen. Wie haben sich Saucony und Designer Tommy Bogo gefunden?
Jason Faustino, Senior Product Line Manager und verantwortlich für Collaborations & Energy, hat ein unglaubliches Gespür dafür, was gerade auf dem Markt passiert. Wir versuchen immer aufstrebende Designer zu finden, die noch nicht entdeckt wurden. Wir hoffen, dass sie der Marke eine neue Dimension verleihen können, nicht nur aus kreativer Sicht, sondern auch aus der Perspektive ihrer Zielgruppe, um mitunter die Markenbekanntheit steigern zu können. Aber die gesamte Co-Kreation und die Entwicklung von etwas Unerwartetem oder Disruptivem stehen bei uns im Vordergrund. Freunde von Jason kannten Tommy und so führte eins zum anderen. Es fühlte sich von Anfang an einfach richtig gut an.