Neuer Kreativpool für die Modebranche: Who Can Shoot

Kreativpool
Zara setzt zur Quarantäne auf gekonnte Selbstinzenierung seiner Models – mit Erfolg.Foto: Zara

Eine Datenbank aus Fotografen, Stylisten, Models und Influencern ist eigentlich nichts Neues. Allerdings ist ein Kreativpool aus Menschen, die sowohl der Fotograf, der Stylist als auch das Model und Influencer sind, wieder etwas anderes. Weltweite Lockdowns und andere Einschränkungsmaßnahmen, haben die Zusammenarbeiten von Editorial-Teams in Studios oder im Freien erschwert bis sogar unmöglich gemacht. Remote Shootings haben sich als vielversprechende Alternative entpuppt. Das Berliner Start-up Qvsta hat daher vor wenigen Wochen die Plattform ‚Who Can Shoot’ ins Leben gerufen, um die Talente zusammenzubringen, die den neuen Anforderungen gerecht werden.

Remote Shootings boomen

Denn: Wie sollen die neuen Kollektionen präsentiert werden? Vieles entsteht grundsätzlich on the spot, relativ kurzfristig und niemals Monate, höchstens wenige Wochen im voraus. Doch sämtliche Lookbook und Editorial Shootings fielen zur Corona-Pandemie nach und nach aus. Eine Lösung musste her, um das Geschäft am laufen zu halten – und zwar schnell.
Viele große Namen und Häuser reagierten prompt auf die neue Situation und haben es dabei – wenn man so will – einfach gehalten. ‚Remote Shootings’ lautet hier das Stichwort. 

Beispielsweise der französische Designer Simon Porte Jacquemus: Er fotografierte Model Bella Hadid ganz einfach über FaceTime und teilte die Ergebnisse begeistert mit seiner Community. Die nahm es widerum mit Kusshand dankend an. Währenddessen startete Mango die ‚Mango Girls Diaries’. Eine Marketing-Story, die allen einen privaten Einblick in die eigenen vier Wände der Models gewährt, die dabei noch so erstaunlich gut gekleidet sind, ohne overdressed zu sein – und wenn doch, dann mit einem Augenzwinkern, weil man ein wenig aus dem Alltag ausbrechen möchte. Auch der spanische Inditex-Riese Zara stellt seine neue Ware online anhand von selbstgeschossener Fotos der Models vor. Sie präsentieren sich schlicht, cool, sexy, verspielt oder auf dem heimischen Küchenherd hockend – und das durch alle Altersklassen hinweg. Asos und Acne machen es ihnen gleich und viele weitere folgen. Denn: Das Prinzip funktioniert. Psychologisch bringt es uns alle auf eine Ebene, denn schließlich sind wir auch alle am gleichen Ort: zuhause.

Drei einfache Gründe

Ein wichtiger Schritt, um mittelfristig die Kundenbindung aufrechtzuerhalten. Die COVID-19 Pandemie lässt die Welt derzeit vieles in Frage stellen, darunter auch die Modeindustrie und dessen Zyklen. Bei vielen kam intuitiv die Frage auf, wofür sie denn jetzt im Wochentakt chice, neue, vielleicht sogar Home-untaugliche Trends brauchen? Das Inszenieren von spontanen Momenten und scheinbar heimischen Looks kann diese Fragestellung jedoch für kurze Dauer, mindestens der von einer Online-Shoppingtour, übertönen. Man fühlt sich angesprochen; es wirkt authentisch und ohne es bewusst wahrzunehmen, ist man inspiriert und konsumiert. Die Selfmade-E-Commerce-Kampagnen? Ein großer und vielversprechender Erfolg.
Dieses Potenzial hat Qvsta schlussendlich auch für den hiesigen Markt erkannt. Der Kreativpool Who Can Shoot soll „Kreative und deren Wohnungen mit Brands zu conntecten“, so Ludwig Henne, Co-Founder von Qvsta und Gründer von Who Can Shoot, der den Erfolg von Remote Shootings auf drei Grundfaktoren zurückführen kann: Authentizität, Kostensenkung und Sicherheit. 
Schließlich wirken inszenierte, high-end Produktionen oder glamouröser Content derzeit deplatziert. Der Bezug auf das eigene Leben garantiert hingegen Identifikation und Vertrauen. Die Kundenbeziehung kann entweder zurückgewonnen oder gar gestärkt werden. Das Markenerlebnis ist zeitgenössisch. Es ergibt im Kopf einfach Sinn.

Ein weiteres Argument für Remote Shootings: eine niedrigere Kostenstruktur, was sich gerade für Social Media Content bezahlt macht, da hier im Idealfall tagesaktuell neue Bilder hochgeladen werden müssen. Doch über allem steht natürlich die Sicherheit. Wer ein Multitalent ist, braucht in den nächsten Monaten kein großes Team mehr um sich herum. #socialdistance Das Model wird zum Make-up Artist, Stylist und vielleicht sogar Fotograf in einem, während der Fotograf auch Art-Director und Post-Editor sein kann. Wichtig: Kleine Makel wirken jetzt charmant, statt unprofessionell. Doch wie findet man solche Talente?

Gewinner und Verlierer

Hier kommt Who Can Shoot ins Spiel. Dessen Datenbank soll das Scouting vereinfachen – von (Mikro-)Influencern, Wohnungen, Models, Stylisten, Fotografen, Marken usw. Die Differenzierung zwischen einzelner Professionen verschwimmen und Ludwig Henne prophezeit: „Aufgrund dieser drastischen Veränderung wird es  Gewinner und Verlierer geben. Die Gewinner werden die Marken sein, die jetzt Remote-Home-Shootings nutzen, um eine bessere Kundenbeziehung aufzubauen und gleichzeitig ihre Kostenstruktur zu senken.“
Who Can Shoot möchte daher Unternehmen dabei helfen, sich an die neuen Standards anzupassen und die ersten Hindernisse zu überwinden. Die kostenfreie Datenbank aus Kreativen und Marken zählt derzeit bereits über 40 Creators, über 100 weitere stehen auf der Warteliste. Ein vielversprechender Anfang mit hoffentlich vielen Gewinnern. 

Weitere Informationen unter whocanshoot.com