FRNKOW – Der Anspruch der subtilen Vollkommenheit

FRNKOW Kollektionsbild
Foto: Julia Sang Nguyen

Das 2020 lancierte Stuttgarter Label FRNKOW gibt sich gekonnt sanftmütig – mit fließenden Stoffen, einer pudrigen Farbpalette und zeitlosen Schnitten. Mit FRNKOW erfinden sie keine neue Männlichkeit, sondern wollen Männer dabei unterstützen, sie selbst zu sein. Hinter diesem Ansatz steht das Geschwister-Duo Nadja und Frank Lin, das wir für diese Ausgabe zum Gespräch baten. 

Was hat euch dazu bewegt, eurer eigenes Label zu gründen und was war das wohl Überraschendste für euch im Entstehungsprozess?
Wir hatten eigentlich schon recht früh die Idee, irgendwann ein Modelabel zu gründen, weil wir die Leidenschaft für Mode immer geteilt haben – auch wenn wir sie unterschiedlich ausgelebt haben. Für mich als Designer war die Vorstellung, den ganzen Tag Hosen für eine große Brand zu zeichnen, ohne Einfluss auf den weiteren Prozess zu haben, nicht wirklich befriedigend. Ich möchte nicht nur Kleidung entwickeln und entwerfen, sondern auch die Welt, in der sie eingebettet ist. Als Nadja sich für das Betriebswirtschaftsstudium entschieden hatte, war für uns klar, wohin die Reise geht. Die Planung für FRNKOW begann quasi in ihrem ersten Semester. 

Ihr seid Geschwister – das bringt vor allem Vorteile, unter anderem in Sachen Vertrauen. Was zeichnet eure Zusammenarbeit aus und wo müsst ihr euch noch als Businesspartner kennenlernen?
Du hast es schon gesagt, es ist enorm wichtig, dass man seinem Businesspartner uneingeschränkt vertrauen kann und als Geschwister hat man den klaren Vorteil, dass dieses Vertrauen von Beginn an da ist. Trotzdem muss man als großer Bruder erst einmal lernen, die kleine Schwester einfach mal machen zu lassen, aber das haben wir ganz gut gelöst, denn wir haben unsere Arbeitsbereiche klar getrennt: Ich mache das Design und alles Gestalterische, Nadja die betriebswirtschaftlichen und organisatorischen Aufgaben. So kommen wir uns nicht in die Quere und reden dem anderen nicht so sehr in seine Arbeit rein. Wichtige Entscheidungen treffen wir aber immer gemeinsam. 

Frank und Nadja Lin Portrait
Geschwister und Business-Partner: Frank und Nadja Lin Foto: Julia Sang Nguyen

Ihr arbeitet non-seasonal und in limitierter Stückzahl, was ein sehr zeitgenössischer Ansatz ist. Im Jahr 2021 ist der Anspruch an eine Newcomer Brand immens hoch – zum einen fordern die Umstände der Pandemie viel Geschick und Feingefühl heraus, aber auch Nachhaltigkeit, Green Packaging, Gender; das alles sind Aspekte, die heutzutage eine große Rolle spielen. Was sind eure mittel- sowie langfristigen Pläne mit eurer Brand? Wo passt FRNKOW in die Modebranche derzeit rein? Und was macht ihr anders, wenn nicht sogar besser?
Wir sind selbst Teil der Generationen, denen diese Themen wichtig sind. Wir beschäftigen uns selbst damit und daher ist es für uns selbstverständlich, dass wir sie auch bei FRNKOW berücksichtigen. Als junge Brand haben wir den großen Vorteil, dass wir das von Anfang an mitdenken können – allerdings ohne es uns auf die Fahne schreiben zu wollen. Diese Aspekte sind für uns keine Labels, mit denen wir uns aus Marketingzwecken schmücken wollen. So ist beispielsweise ein langer Lebenszyklus unserer Produkte für uns der entscheidende Ansatz beim Thema Nachhaltigkeit. Wir wollen, dass unsere Kleidungsstücke über Jahre hinweg gerne getragen werden. Kein Designer will, dass seine Mode zum Wegwerfprodukt wird, vor allem nicht, wenn wie bei uns alles in aufwendiger Handarbeit im eigenen Studio produziert wird – wir spüren also am eigenen Leib, wie viel Arbeit und Herzblut hineinfließen. Die Herausforderung wird sein, unsere Mode für noch mehr Menschen zugänglich zu machen und trotzdem diese Werte beizubehalten. 

Die erste Kollektion ‚01Manifestoist inspiriert vom griechischen Ideal ‚Kalokagathiaund der Idee, dass Jungs und Männer nicht nur der spirituellen Schönheit, sondern auch der moralischen und physischen nacheifern sollten. Wie übersetzt du das in die Kollektion?
FRNKOW basiert auf klassischer Menswear, die ja per se im Design eher limitiert ist. Wir nehmen Elemente daraus und spielen mit ihnen. Mir gefällt die Idee des Kalokagathia. Darunter verstehe ich die Vollkommenheit einer Person, also jemanden, der mit sich im Reinen ist und selbstbewusst zu sich selbst steht. In der Kollektion war es mir sehr wichtig, dass sich die Person, die sie trägt, nicht eingeengt, sondern sehr wohl fühlt. Die Stoffe sind hochwertig und fühlen sich auf der Haut sehr angenehm an. Sie sind weich und fließend, die Schnitte bieten viel Bewegungsfreiheit. Die Designs sind nicht laut, sondern eher subtil. Es sind die kleinen Details, die die Kollektion besonders machen – und viele davon sind nur für denjenigen sichtbar, der die Kleidung trägt. 

FRNKOW Kollektionsbild
Foto: Julia Sang Nguyen

Frank, wie viel von deinem eigenen Stil fließt in FRNKOW und inwiefern hast du dich seit der Idee bis zur Umsetzung als Designer weiterentwickelt?
Natürlich fließt viel von meiner Persönlichkeit in FRNKOW ein. Ich arbeite an der visuellen Idee seit über zehn Jahren und stecke alles hinein, was ich habe. Aber obwohl so viel von mir in der Brand steckt, designe ich nicht für mich selbst, sondern für einen bestimmten Typ Mann, den ich über die Jahre entwickelt habe. FRNKOW ist für mich mehr als nur Mode. FRNKOW ist eine Welt, die sich in mir aufgebaut hat und nun real wird. Sie verkörpert einen bestimmten Lifestyle, eine bestimmte Ästhetik, gewisse Werte und Gefühle. FRNKOW wird nie so bleiben, wie es jetzt gerade ist, denn auch wir entwickeln uns ständig weiter. 

Nadja, als junge Unternehmerin stehst du für eine neue Generation Profashionals, die die Zukunft der Branche mit definieren. Welche ‚Baustellenmöchtest du fertigstellen und welche Standards müssen neu gesetzt werden?
Die Mode hat und hatte schon immer große Strahlkraft in die Gesellschaft. Sie ist nicht nur ihr Spiegelbild, sondern hat auch großen Einfluss auf sie. Als Gründerin oder Profashional, wie du es nennst, bin ich in der glücklichen Situation, schon in jungen Jahren dieses Bild mitprägen zu können. Mode muss die brennenden Themen ihrer Zeit in irgendeiner Weise aufnehmen und bearbeiten. Für mich sind das momentan der Kampf gegen jegliche Diskriminierung in Unternehmen, female Leadership und die Sichtbarkeit von BiPOCs – auch innerhalb der Mode. Ein weiteres Thema, das die Zukunft der Modeindustrie prägen wird, ist das größere Bewusstsein für Qualität und einen langen Lebenszyklus von Klamotten. Damit einhergehend sollte das Wort Nachhaltigkeit nicht nur ein Etikett sein, das man auf seine Produkte druckt, sondern in die DNA der Unternehmen implementiert werden. Gewisse Dinge sollten als selbstverständlich gelten. 

In der Mode spielen Geschlechterklassifizierungen zwar eine Rolle, werden aber sowohl in der Womens- als auch Menswear öfter gesprengt und neu definiert. Genderless Fashion hingegen, gewinnt zunehmend an Popularität. Die Idee von Maskulinität in der Mode und der Welt ‚da draußendifferenziert sich jedoch und zeigt, dass der Mythos rund um die Männlichkeit noch sehr fragil sein kann. Wie geht also ein in 2020 gegründetes Menswear Label mit dem Thema Männlichkeit um?
‚Neue Maskulinität’ ist zu reinem regelrechten Schlagwort geworden und zeigt, dass sich der Männlichkeitsbegriff in einem extremen Umbruch befindet. Männliche Stereotypen werden immer mehr hinterfragt und das spiegelt sich auch in der Mode wider. FRNKOW verkörpert eine andere Philosophie und Identität, als man es aus der herkömmlichen Männermode gewohnt ist. Wir möchten, dass jeder Mann für sich selbst definiert, was Männlichkeit für ihn bedeutet und wie er sie ausleben will. Männlich ist, wer sich nicht in Männerrollen und Stereotypen zwängen lässt, sondern einfach so ist, wie er ist. Mit FRNKOW wollen wir daher keine neue Art der Männlichkeit erfinden, sondern Männer dabei unterstützen, sie selbst zu sein – und wenn sie eine gefühlvolle, emotionale Seite haben, diese zu zeigen, ohne dass ihnen die Männlichkeit abgesprochen wird. 

Wenn ihr FRNKOW mit nur einem Wort beschreiben dürftet, welches wäre es?
Subtil.

FRNKOW.COM

Dieses Interview erschien in J’N’C Magazin 1/2021.