„Wir sind noch lange nicht fertig“ – Abercrombie & Fitch Global Brand President Kristin Scott im Interview

Abercrombie & Fitch Co.
Foto: Presse

Wir alle entwickeln uns irgendwann weiter und entfernen uns vielleicht sogar von dem, was wir einst waren. Das gilt auch für die US-amerikanische Brand Abercrombie & Fitch. Das Unternehmen bestimmte in den früher 2000er-Jahren den Look und Lifestyle eine ganzen Generation. Allerdings gerieten ihre Marken Abercrombie & Fitch sowie Hollister später stark in die Kritik: absurd kleine Größen, ebenso absurd dunkle Stores und ein angestrebter Über-Perfektionismus in Form von The Girl Next Door und Surfer-Adonis passten nicht mehr in den Zeitgeist, der heute in Inklusion und Diversität kulminiert.

Doch das besondere an dieser Geschichte? Abercrombie & Fitch hat seine Fehler erkannt, eingesehen und steuert seit 2017 aktiv dagegen. Das Ergebnis: Eine Marke, die wir der Phönix aus der Asche entstiegen ist und es anderen Unternehmen vormacht, wie es besser gehen kann. Wir sprachen mit Kristin Scott, Global Brand President, über die Fehler der Vergangenheit, authentische Inklusion & Diversity, Social Selling und ja, auch über Nachhaltigkeit.

Abercrombie & Fitch hat seit den frühen 2000er Jahren einen enormen Wandel durchgemacht. Die Message Ihrer Marke war jedoch im Vergleich zu heute das komplette Gegenteil. Was hat den Wandel letztlich ausgelöst? 
Der größte Unterschied besteht darin, dass sich Abercrombie darauf konzentriert, einen Raum zu schaffen, in den jeder wirklich dazugehört; es geht nicht darum, ‚sich anzupassen’. Fran Horowitz wurde 2017 unsere CEO und hat den einladenden Geist der Inklusion eingeführt, den Sie heute sehen. Wir haben hart daran gearbeitet, zu beweisen, dass Abercrombie nicht die ausgrenzende Marke der Vergangenheit ist.
Dafür haben wir unseren Kundinnen und Kunden genau zugehört und sind nach wie vor bestrebt, sie bei allem, was wir tun, in den Mittelpunkt zu stellen. Es ist sehr wichtig für uns, bei unseren Zielkundinnen und Zielkunden kulturell relevant zu bleiben und uns an ihre sich ändernden Mentalitäten und Vorlieben anzupassen. Wir wissen auch, dass Inklusivität für junge Millennials von heute unglaublich wichtig ist – und für uns ist sie das auch. Um das zu unterstützen, sind wir nicht länger eine Marke, die sich auf die Wahrnehmung konzentriert, sondern wollen ein Gefühl der Zugehörigkeit in allen Bereichen vermitteln – von unserem Marketing über unsere Produkte bis hin zu unseren physischen und digitalen Erfahrungen. 

Kristin Scott, Global Brand President bei Abercrombie & Fitch Co.
Kristin Scott, Global Brand President bei Abercrombie & Fitch Co. Foto: Presse

Sie haben es bereits angedeutet, aber hat sich die Zielgruppe wirklich im Kern so sehr verändert oder ist sie schlichtweg erwachsen geworden? Nachdem Fran unsere CEO wurde, war eine unserer ersten Prioritäten die Unterscheidung der Marken Hollister und Abercrombie. Zuvor sprachen beide Marken eine ähnliche Altersgruppe mit sehr ähnlichen Produkten an. Wir sahen darin eine Chance, zwei globale, ikonische Marken neu aufleben zu lassen und ihre Position bei unterschiedlichen Zielgruppen zu festigen. Wir haben die Marke Abercrombie etwas älter werden lassen, um die junge Millennial-Kundschaft anzusprechen, während sich Hollister auf globale Teenager konzentrierte. 2019 haben wir dann entsprechend den weiterentwickelten Brand Purpose der Marke Abercrombie eingeführt.

Der woraus besteht?
Jeder Tag soll sich so außergewöhnlich anfühlen wie der Beginn eines langen Wochenendes. Wir wissen, dass Millennials für diese langen Wochenenden leben und es lieben, ihre Zeit auf Reisen, bei Happy Hours, Brunches, Workout-Kursen und Hochzeiten mit ihren Freunden und Familien zu verbringen. Aus diesem Grund haben wir die gesamte Marke neu positioniert, einschließlich des Produktsortiments, um sicherzustellen, dass wir die Styles anbieten, die unsere Millennial-Kundinnen und -Kunden für jeden Teil dieses Lebensstils wünschen. Es ist so aufregend zu sehen, wie Millennials, die mit Abercrombie aufgewachsen sind, die Marke aufgrund unserer Produkte wiederentdecken – die Qualität, die Passform, wie trendorientiert die Stücke sind, wie bequem sie sich anfühlen und wie wir neue Kund:innen bei unserer Marke willkommen heißen können – insbesondere diejenigen, die sich in der Vergangenheit nicht in unserer Marke wiedererkannt haben. 

Abercrombie & Fitch Co.
Foto: Presse

Die Kampagne ‚Your Denim Your Way’ gab global den Ton an für die Art und Weise, wie Abercrombie heute denkt und arbeitet, und das Versprechen der Zugehörigkeit wurde auch gehalten, denn das Sortiment der Kollektion ist das bisher inklusivste der Marke. Aber Body Positivity, Inklusion sowie Vielfalt zu kommunizieren ist eine Sache, sie tatsächlich zu leben eine andere. Wie geht A&F mit diesen Werten innerhalb des Unternehmens um? 
Wie bereits gesagt, hat sich Abercrombie zu einem Ort der Zugehörigkeit und nicht der ‚Anpassung’ entwickelt. Das zeigt sich nicht nur in der Art wie wir über die Marke sprechen, sondern es ist auch in jeder Faser unseres Handelns präsent, von der Produktentwicklung, dem Design und den Tests bis hin zu unseren Geschäftspartnern. Wir haben zwar große Fortschritte darin gemacht, wie wir uns auf unseren digitalen Plattformen und in unseren Geschäften zeigen, aber Inklusion ist so viel mehr als das, was vor der Kamera passiert und was man in unseren Geschäften sehen kann. Wir bemühen uns zum Beispiel, bei all unseren Designs auf Inklusion zu achten, von der Größenauswahl über die Stoffauswahl bis hin zu geschlechtsspezifischen Aspekten und Passformen, die verschiedene Körperformen berücksichtigen. Wir haben unsere Social-Media-Plattformen genutzt, um den Stimmen marginalisierter Personen Gehör zu verschaffen und Themen anzusprechen, die für uns, unsere Kund:innen und unser Umfeld wichtig sind. Schließlich sind wir bestrebt, eine Bestandsaufnahme darüber zu machen, wie wir die Welt beeinflussen. Unserer Community zuzuhören ist für unsere Marke von größter Bedeutung – und dazu gehört auch, von ihnen zu lernen, wie wir uns authentisch für unsere vielfältigen Gemeinschaften einsetzen und mit ihnen sprechen können. Auf dieser Grundlage haben wir unsere Initiative für Initiative gegen Rassismus und für soziale Gerechtigkeit ‚The Abercrombie Equity Project’ ins Leben gerufen, zu der auch ‚A&F Conversations’ gehört, eine Instagram TV-Fernsehserie, die wichtige Gespräche über Ethnie, Sexualität, Geschlecht, Fähigkeiten, psychische Gesundheit und mehr fördert. Wir haben auch langfristige Partnerschaften mit Organisationen wie The Trevor Project und The Steve Fund aufgebaut, um deren Dienste und den positiven Einfluss, den wir auf unsere Gemeinschaften haben wollen, zu verstärken. Wir wollen von unseren Kund:innen und unserer Community lernen, damit wir uns ständig verbessern können.

Abercrombie & Fitch Co.
Foto: Presse

Apropos verbessern: Sprechen wir über Nachhaltigkeit. Vor allem Denim-Marken und -Hersteller sind angehalten, ihren Fußabdruck zu minimieren. Wie sieht Abercrombie & Fitchs Nachhaltigkeitsstrategie aus?
Wir haben uns auf eine kontinuierliche Reise begeben, um Umwelt-, Sozial- und Governance-Aspekte (ESG) in unserer gesamten Organisation zu verankern, und widmen uns allen Facetten der Nachhaltigkeit. In den letzten Jahren haben wir unsere Nachhaltigkeitsbemühungen ausgeweitet, um die Gemeinschaften, mit denen wir in Kontakt kommen, auf der ganzen Welt positiv zu beeinflussen. So sind wir beispielsweise 2019 dem Global Compact der Vereinten Nationen beigetreten, der weltweit größten Initiative für Corporate Citizenship und Nachhaltigkeit. Diese Verpflichtung konzentriert sich auf die Bereiche Menschenrechte, Umwelt, Arbeit und Korruptionsbekämpfung. Außerdem haben wir eine Reihe von Nachhaltigkeitszielen für unsere Produkte angekündigt, darunter die Beschaffung nachhaltigerer Fasern wie recyceltem Polyester und das Bestreben, den Wasserverbrauch bei der Denim-Produktion um 30 Prozent zu senken. Wir engagieren uns auch für die Unterstützung der Fabrikarbeiter:innen und ihrer Gemeinden in unserer gesamten Lieferkette. Zudem beteiligen wir uns an PALS, das sich für die Beendigung von Menschenhandel und Zwangsarbeit einsetzt, und am P.A.C.E.-Programm (Personal Advancement and Career Enhancement), das arbeitende Frauen in der Bekleidungsindustrie unterstützt. Unser Ziel ist es, bis 2022 die Programme zum Kapazitätsaufbau auf 50.000 weitere Arbeitnehmer:innen auszuweiten. Letztes Jahr haben wir unsere bestehenden Nachhaltigkeitsbemühungen durch eine markenübergreifende Partnerschaft mit thredUP, dem weltweit größten Marktplatz für den Wiederverkauf von Mode, weiter ausgebaut. Diese Partnerschaft ermöglicht es unseren Kund:innen, ihre gebrauchten Kleidungsstücke gegen Geschenkkarten einzuschicken, die bei Abercrombie & Fitch, Abercrombie Kids, Hollister, Gilly Hicks und Social Tourist eingelöst werden können. Wir sind stolz auf die Fortschritte, die wir gemacht haben, wissen aber, dass es keine Ziellinie gibt. 

Abercrombie & Fitch Co.

Das vergangene und das laufende Jahr waren sehr herausfordernd – für viele ein Grund mehr, dem Jahr 2022 mit Zuversicht entgegenzusehen. Worauf können wir uns bei Abercrombie & Fitch freuen? 
Was die Marke Abercrombie betrifft, wird 2022 das Jahr des ‚Mehr’ sein: Mehr Produktkategorien. Mehr Styles zur Auswahl. Mehr Unterhaltungen. Mehr Zuhören. Mehr alles. Wir freuen uns darauf, diese Reise fortzusetzen und sind stolz darauf, dass wir dies mit so viel Absicht und Purpose tun. Wir werden uns auch weiterhin auf Social Selling konzentrieren und neue Wege finden, um unsere Kundinnen und Kunden dort abzuholen, wo sie sind – mit den richtigen Produkten und Botschaften, die zu ihrem Lebensstil passen. Wir sehen die Beiträge und Kommentare von Leuten, die sagen, dass dies nicht das Abercrombie ist, an das sie sich erinnern, und genau darum geht es! Wir haben in den letzten Jahren eine Menge Arbeit geleistet und jede Menge neuer Stimmen ins Spiel gebracht – und wir sind noch lange nicht fertig. 

Mehr unter abercrombie.com.