Circular Retail boomt – 5 Fragen an Janis Künkler, Co-Founder Reverse Supply

Janis Künkler Reverse Supply
Foto: Arthur Pohlit

Im vergangenen Jahr haben Janis Künkler, Max Große Lutermann und Konrad Hosemann die Circular Retail-Plattform Reverse Supply gegründet und ermöglichen damit Modemarken und Marktplätzen den Zugang zum Secondhand-Markt. Wir haben mit Co-Founder Janis Künkler über die Chancen der Secondhand Mode, welche Prozesse Reverse Supply den Marken bietet und die Zukunft von Re-Commerce Konzepten gesprochen.

2021 haben Sie ihr Start-up in Berlin gegründet. Der Second-Hand-Markt war da bereits in vollem Gange und hat sich seither in vielen Bereichen der Modebranche weiterentwickelt. Welche Vorteile bzw. Chancen haben Sie im Secondhand-Markt gesehen, um Ihr Unternehmen zu gründen?
Bis jetzt erfolgt der Verkauf von Secondhandware in der Regel über C2C-Marktplätze, ohne dass Unternehmen Einfluss oder Zugriff auf ihre gebrauchten Produkte erhalten. Wir haben erkannt, dass es für Modeunternehmen sehr schwer ist, selbst in den Secondhand-Markt einzusteigen, da der Wiederverkauf von Mode extrem aufwändig ist, inklusive geringerer Margen. Diese Lücke füllen wir mit unserem All-in-One Recommerce Service. Das heißt, wir übernehmen sowohl die logistischen, als auch die technischen Herausforderungen, um einen eigenen Secondhand Kanal aufzubauen. Der Secondhand Markt wächst wesentlich schneller als der Fast Fashion Markt. Diesen Boom haben wir für die Entwicklung unseres Resale-Service genutzt. Denn nicht nur veränderte Kundenbedürfnisse nach mehr Nachhaltigkeit, sondern auch kommende EU-Regularien zur Rücknahme von Textilien zwingen Unternehmen langfristig dazu, sich dem Resale zu öffnen. Ohne Frage ist der Wiederverkauf von Kleidung eine der relevantesten Möglichkeiten, um den Kreislauf eines Kleidungsstücks zu verlängern und signifikant Ressourcen und CO2 einzusparen.

Reverse Supply
Foto: Presse

Als Circular Retail-Plattform arbeiten Sie mit bekannten Marken zusammen. Welchen Bedarf sehen Sie bei diesen Firmen hinsichtlich Secondhand Mode und welchen Service bieten Sie ihnen an?
Re-Commerce ist ein nachhaltiges und profitables Geschäftsmodell, doch die Unternehmen, egal welcher Größe, können den logistischen Aufwand dahinter oft nicht alleine stemmen. Was sie brauchen, sind starke Partner wie wir, die sie an die Hand nehmen und einen reibungslosen Einstieg in den Re-Commerce ermöglichen. Durch unsere bereits bestehende Plattform können unsere Partner innerhalb weniger Wochen mit einem eigenen Secondhand-Shop starten, ohne großes Invest von Zeit und Ressourcen im Vorfeld. Durch effiziente APIs lässt sich der Secondhand-Shop bequem in den Brandshop integrieren. Im Hintergrund übernehmen wir alle Punkte vom Pricing, über den Bewertungsalgorithmus bis zur Warenlagerung und dem Kundensupport. Wir ermöglichen nicht nur den ersten Schritt für ein zirkuläres Geschäftsmodell, sondern eröffnen Ihnen eine neue Einkommensquelle und Zugang zu neuen Kundensegmenten

Wie sehen die Prozesse ihrer Plattform aus?
Durch unsere eigens entwickelte Software kann sowohl ein Ankaufsportal in die Website, als auch ein komplett gebrandeter Onlineshop für Secondhandware integriert werden. Kunden haben so die Möglichkeit, gebrauchte aber noch gute Kleidung unkompliziert in den Kreislauf zurückzugeben. Neben der technischen Lösung übernehmen wir die gesamte Logistik. In einem eigenen Warenlager in Berlin sichten professionelle Produktbewerter die zurückgegebenen Kleidungsstücke anhand verschiedener Merkmale. Anschließend werden die Kleidungsstücke aufbereitet, fotografiert und über unsere Software wieder in den Onlineshop unserer Mode-Kunden für den Wiederverkauf eingestellt. Das Besondere an unserem Service ist, dass wir Modemarken so nicht nur Zugang zum eigenen Secondhandmarkt ermöglichen, sondern auch die Möglichkeit geben, B- und Retourenware auf nachhaltige Weise wieder in den Umlauf zu bringen.

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Mit einer Paneldiskussion sind Sie bei der kommenden Fashion Changers Konferenz dabei. Die Plattform bezeichnet sich selbst als Zuhause für alle, die den Status quo der Modebranche verändern wollen. Wie hoffen Sie, eine Veränderung nachhaltig herbeizuführen und an welche Grenzen stößt ihre Vision?
Das Wissen, welches wir jetzt aus dem Resale sammeln, wird in Zukunft die komplette Neuproduktion von Waren beeinflussen. Unsere Vision ist es, dass langfristig unter anderem mit unseren Daten Unternehmen dazu angeregt werden, direkt Produkte in einer Qualität herzustellen, die es eben ermöglicht, mehrere Lebenszyklen zu überstehen. Je mehr Wiederverkäufe, umso geringer die Margen für Marken und Erzeuger. Nur wenn die Margen attraktiv genug sind, werden in der Produktion hochwertige und nachhaltigere Stoffe bevorzugt verwendet, die im Umkehrschluss die Lebensdauer der Kleidungsstücke verlängern.

Re-Commerce-Konzepte als Teil der Circular Economy haben enorm viel Potenzial. Wie viel wird davon derzeit tatsächlich ausgeschöpft und was wünschen Sie sich für die nächsten zwei Jahre?
Viele Unternehmen sind mit Sicherheit noch etwas zögerlich und verstehen den Resale von Secondhandware zunächst als Projekt. Dabei ist das Potential enorm. Wenn Unternehmen jetzt nicht mit dem Re-Commerce anfangen, werden sie den Anschluss verpassen. Die EU-Textil Strategie wird Unternehmen langfristig dazu zwingen, die Grundsätze der Kreislaufwirtschaft in ihre Geschäftsmodelle zu integrieren und ihren ökologischen Fußabdruck zu minimieren. Was wir uns deshalb wünschen ist, dass so viele Unternehmen wie möglich, dank Reverse Supply, in den Circular Retail Markt einsteigen und mit unseren Daten zukünftig die Produktion nachhaltiger Ware maßgeblich unterstützen.

Mehr unter reverse.supply.

Übrigens: Janis Künkler ist dieses Jahr Speaker bei der Fashion Changers Konferenz.