Andreas von der Heide ist eines der Gründungsmitglieder von Les Deux und hat einen inzwischen zehnjährigen Weg hinter sich, der mit einem einfachen T-Shirt begann und mittlerweile zu rund 1.000 Einzelhändlern in aller Welt geführt hat. Zusammen mit seinem Freund und damaligen Geschäftspartner Virgil Mwepele entwickelte er die Premiummarke Les Deux, die derzeit auf dem Vormarsch ist und nicht nur coole und moderne Streetwear bietet, sondern auch eine gesunde zeitgenössische Arbeits- und Teamethik. Wir sprachen mit ihm über seine Liebe zum Team, riskante Investitionen in Krisenzeiten und wie man mit gutem Beispiel vorangeht.
Bevor Les Deux überhaupt an den Start gehen konnte, wurde eure Geschäftsidee etwa 50 Mal abgelehnt. Wie schafft man es, ab einem bestimmten Punkt nicht aufzugeben?
Ich wollte mich immer beweisen, egal, was ich tat. Vor allem in meinen frühen Jahren. Ob während meines Jura-Studiums, beim Verkauf eines T-Shirts oder beim Lauf durch die Wüste. Mich zu beweisen heißt, mein Geschäft zu beweisen. Und Aufgeben ist nie eine Option, weil Aufgeben so endgültig ist. Man muss letztlich immer eine Entscheidung treffen. Und mit Les Deux aufzuhören ist wie mit der Familie aufzuhören. So viel bedeuten mir die Marke und das Team. Ich habe Les Deux sogar auf den Körper tätowieren lassen. Und die Menschen, die hier arbeiten, bedeuten mir zwar nicht so viel wie mein Sohn und meine Töchter zu Hause, aber sie stehen mir nahe. Sehr nahe. Und sie sind schon seit so vielen Jahren hier. Natürlich will ich mich nicht selbst im Stich lassen. Aber vor allem möchte ich meine Leute nicht im Stich lassen. Anders zu denken und Dinge anders zu tun, kann uns sehr weit bringen.
Ihr habt Les Deux mit Virgil Mwepele, einem politischen Flüchtling aus dem Kongo, begonnen und zusammen bewiesen, dass Unterschiede in Herkunft, Kultur und vielleicht Religion einem starken Bündnis nur zugute kommen können. Vielleicht ist daher einer eurer wichtigen Brandslogans ’stronger together‘. Und man kann mit Sicherheit sagen, dass dies auch die Basis des Gründungsethos eurer Marke ist. Wo findet man diese Art von Mentalität bei Les Deux noch heute?
Überall. Wenn man unser Büro betritt, ist das Erste, was man sieht, die Weinbar. Und am anderen Ende ist der Basketballplatz. Virgil war sehr straßentauglich. Ich war sehr klassisch. Wir haben oft über unsere Freundschaft gesprochen und darüber, dass die Beziehung zwischen Menschen nicht unbedingt durch Religion, Hautfarbe oder Geschlecht definiert ist. Bist du Moslem? Bist du ein Christ? Das spielt keine Rolle. Es kommt auf die Person an, die du bist. Es geht nur darum, ein anständiger Mensch zu sein. Und genau so stellen wir auch ein. Wir haben Mitarbeiter:innen aus der ganzen Welt.
Aber das Wichtigste ist für mich im Moment die menschliche Seite. Wir haben gerade eine Schule in der Nähe von Syrien gebaut. Nahe der syrischen Grenze haben wir eine große Produktion. Und wir haben festgestellt, dass viele der dort lebenden Kinder gerade mal ein Jahr alt sind und allein zu Hause waren, weil ihre Eltern, syrische Flüchtlinge, in den Fabriken arbeiteten. Also haben wir dafür gesorgt, dass wenn die Eltern zur Arbeit gingen, sie in den Flüchtlingslagern abgeholt wurden, Essen bekamen und ihnen alles mögliche mitgegeben wurde, damit sie einen besseren Tag hatten. Wir unterstützen auch andere Communities, zum Beispiel mit einer Basketball-Organisation, in der junge Leute von der Straße statt in Gangs schließlich in einer Schule unterrichtet werden, in der auch viel Basketball gespielt wird. Und wenn man mich fragt, warum wir so erfolgreich sind, dann liegt das an den Menschen, die für uns arbeiten, sowohl intern als auch extern im Unternehmen.
Wer hätte gedacht, dass dies aus einem einzigen einfachen T-Shirt entstehen würde. Wenn man sich die Kollektionen anschaut, sind sie immer noch simpel und einfach, wie eine Alltagsgarderobe mit Highlight-Stücken, aber gehobener als am Anfang. Wird das Design vielleicht einmal in eine noch anspruchsvollere Dimension gehen, oder wohin wird sich die Kollektion entwickeln?
Ich denke, wir haben viel Respekt davor, wo wir als Unternehmen stehen. Wir sind uns sehr bewusst, an wen wir uns mit unserer Kommunikation und unserem Design richten. Wir sind eine kommerzielle Premiummarke mit einem Einstiegspreis in teureren Geschäften. Daher wird man bei uns nie die verrücktesten Designs sehen. Aber man darf nicht vergessen, woher wir kommen. Vor zwei Jahren haben wir zwei neue Designer an Bord geholt, die alle an der Kunsthochschule in Kopenhagen studiert haben. Die Kollektionen, die wir jetzt verkaufen, sind definitiv gehobener. Zuvor waren wir vielleicht eher ein Trendfolger. Zwar sind wir noch keine Trendsetter, aber wir sind näher dran, Trendsetter zu sein. Man wird also in unseren Kollektionen generell mehr gehobene Sachen sehen. Wir stellen im Moment viel von den Qualitäten in Frage und bewegen uns immer mehr in diese Richtung.
Letztlich geht es für mich darum, etwas rund um die Marke zu kreieren, ein Erlebnis zu schaffen. Ich habe so viel über persönliche Beziehungen gesprochen, denn schließlich ist die Modebranche ein People’s Business. Wenn wir also auf der ganzen Welt unsere Basketballplätze einrichten oder ein Basketballturnier während der Fashion Week veranstalten, oder Laufclubs, Boxclubs, dann geht es um das Gefühl, das man dort bekommt, die Erfahrung, die man mit der Marke macht. Und ich denke, eine Sache ist das Design, das wir verbessern und mit dem wir wachsen müssen. Aber wir müssen auch die Marke sein, die da draußen präsent ist. Eines der Dinge, die unseren größten Erfolg ausgemacht haben, ist unser Reiseteam. Ich habe zwei oder drei junge Männer und Frauen, die um die Welt reisen, um alle großen Geschäfte zu besuchen, Leute zu treffen, mit ihnen zu essen, mit ihnen zu feiern, um die Kultur zu erhalten, die wir hier im Büro haben. Das ist unser stärkstes Element.
Aufgrund der Pandemie war vieles zwei Jahre lang auf Eis gelegt, und ich weiß, dass es auch für Les Deux eine harte Zeit war. Aber nach einer kurzen Pause hat euer Unternehmen weitergemacht und ist sogar den riskanten Schritt gegangen, dort zu investieren, wo andere sich zurückgehalten haben. Ihr habt euch im Vorfeld für diese Offensive entschieden, aber warum hat sich diese Strategie deiner Meinung nach ausgezahlt? War es nur Glück? Oder pures Kalkül?
Während der Pandemie hat sich erstmal jeder an die Händler:innen gewandt und wir haben gesagt: Solange ihr bezahlt, könnt ihr entweder jetzt bezahlen, dann geben wir euch 10 % Rabatt, weil wir wissen, dass sie eine schwere Zeit hatten, oder wir können ein Zahlungsziel von bis zu 90 Tagen vereinbaren. Das haben wir überall auf der Welt gemacht. Wir wollten sicherstellen, dass sich die Menschen bei uns sicher fühlen, und wir haben uns gegenseitig vertraut, denn so führen wir unser Unternehmen. Wir sollten mit gutem Beispiel vorangehen. Deshalb haben uns alle unsere Lieferanten in der Türkei und in China eine Zahlungsfrist von bis zu 120 Tagen eingeräumt. Als wir alles unter Kontrolle hatten, gingen wir hinaus und sagten: Okay, jetzt haben wir die Chance, Mietverträge für unsere eigenen Filialen zu bekommen. Dann haben wir gesehen, dass einige unserer größten Konkurrenten, die große internationale Marken sind, ihre Produktion eingestellt haben. Es war demnach unsere größte Chance, offensiv zu agieren und Marktanteile zu sichern. Und ich glaube, es hat sich gelohnt. Es hätte auch anders ausgehen können, wenn die COVID-Situation länger gedauert hätte oder der Lockdown noch länger gedauert hätte. Aber wie gesagt, ich habe das als unsere größte Chance gesehen. Ich vertraue meinem Bauchgefühl.
Aber du vertraust nicht nur deinem Bauchgefühl, du vertraust auch deinem Team. Was ist euer Geheimnis?
Was ich an unserer Geschichte am meisten liebe, ist, dass wir es uns am Anfang nicht leisten konnten, viele Leute einzustellen. Wir hatten also viele Praktikant:innen, und diese Praktikant:innen, die mit mir an diesem Projekt gearbeitet haben, sitzen heute hier im In- und Ausland und führen unser Unternehmen in leitenden Positionen. Ich habe mehr als acht Leute, die als Praktikant:innen ohne Gehalt angefangen haben. Es geht mir nicht darum, Geld zu sparen. Sondern weil es eine große Freude ist, jungen, motivierten Menschen zuzusehen und eine Chance zu geben. Unsere Kultur ist alles. Und es muss Spaß machen, zur Arbeit zu gehen. Ich hasse die Vorstellung von 9 bis 5. Wir müssen freier sein als das, und wir müssen einander vertrauen können. Wenn ich also einer Person eine Aufgabe gebe, muss ich darauf vertrauen können, dass sie diese auch erfüllt. Und wenn er oder sie es nicht tut, habe ich versagt. Und auch wenn ich der Chef bin, muss ich wissen, dass der Letzte, der unsere Waren anfasst, sie mit Sorgfalt behandelt und dass ich ihm/ihr vertrauen kann. Unsere Kultur beruht auf gegenseitiges Vertrauen. Es ist eine Sache, eine Marke aufzubauen, Geld zu verdienen und ein Produkt in die Welt zu setzen, auf das man so stolz ist. Aber wenn ich mir 100 Menschen ansehe, die hier stehen und miteinander reden, zusammen arbeiten, manchmal tanzen und glücklich sind, dann haben wir das gemeinsam geschaffen. Und wenn ich morgen sterben würde, möchte ich zuallererst meine Kinder wissen lassen, wie glücklich ich war, dass ich ein Teil hiervon war und dies mit meinem Team geschaffen habe. Ich liebe meine Leute von Les Deux, und ich habe großen Respekt vor dem, was sie tun. Ohne sie wären wir nicht hier.
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