Hands on – Seek’s on – Interview mit Marie-Luise Patzelt, Show Director Seek

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Nach über 20 Jahren ist die Messe-Ära Premium zu Ende gegangen. Nun gilt die konzentrierte Aufmerksamkeit auf die Tradeshow Seek, die nach der Einstellung der Schwester-Messe, in Zukunft allein ihren Erfolgsweg weitergehen wird. Was hält die Zukunft bereit, welche Herausforderungen sind zu bewältigen und welche rolle spielen dabei die Themen Vertrauen und Community? Die Antworten darauf und auf weitere Fragen gibt uns Marie-Luise Patzelt, Show Director Seek, im exklusiven J’N’C-Interview.

Leb wohl Premium, es lebe die Seek. Ihr habt beschlossen, in Zukunft die komplette Aufmerksamkeit auf die Seek zu legen. Was sind die nächsten großen To-dos, die ihr bis zum Januar 2024 schaffen wollt?

Wir werden die kommenden Wochen und Monate die bestehenden Beziehungen zu unseren Aussteller:innen sowie Einkäufer:innen stärken und neue Beziehungen aufbauen. Wir fokussieren uns auf den direkten Austausch mit all den Player:innen unserer Branche. Wir rücken enger zusammen. Es gilt ganz klar: ‚Qualität über Quantität‘ und ‚absolute Ehrlichkeit‘. Wir möchten Sicherheit vermitteln und klar, realistisch und transparent kommunizieren.

Wie fiel das Feedback der Branche auf das Aus der Premium aus?

Das Feedback der Seeker:innen war durchweg unterstützend. Wir haben alle Aussteller:innen vor der Veröffentlichung der Pressemitteilung persönlich informiert. Das war uns wichtig. Die Seek hat in der Vergangenheit schon lange unabhängig funktioniert. Für uns ist es nichts Neues, für unsere Aussteller:innen und Besucher:innen auch nicht. Dazu haben wir das riesige Glück, eine große Zahl an Aussteller:innen jede Saison erneut willkommen zu heißen. Brands wie Veja, Sandqvist und About Companions sind schon seit zehn Jahren dabei. Bei uns ging und geht es schon immer um die Community und um Commitment. Das kann man nicht künstlich erschaffen oder am Reißbrett planen. Dieser Community verdanken wir es, dass es die Seek (im Januar 2024 bereits seit 15 Jahren) noch gibt. Gemeinsam haben wir Krisen, (wir geben es ja zu: viele) Umzüge, Hallen an der Autobahn, splitternde OSB-Möbel und viele, viele Drinks überstanden. Die Seek war noch nie ein riesiges, anonymes Messe-Monster. Dadurch waren wir immer flexibel, spontan, persönlich und unabhängig. Wir sind der Premium sehr dankbar. Dankbar, dass sie uns immer den Rücken gestärkt, viele Türen geöffnet und uns absolutes Vertrauen und Selbstständigkeit geschenkt hat.

Gibt es strukturelle Veränderungen im Team, die von der Entscheidung angestoßen wurden?

Ja. In den vergangenen Jahren haben wir viele Prozesse der Seek und Premium gestreamlined. Nach dem Wegfall der Premium müssen diese Prozesse und die Rollen der verantwortlichen Mitarbeiter:innen natürlich neu definiert werden. Es bleibt leider nicht aus, dass wir uns von einigen Mitarbeiter:innen trennen müssen. Im Seek-Team wird es kaum Veränderungen geben. Zusammengerechnet hat das neue-alte Team mehr als 46 Jahre Seek auf dem Buckel – und das mit nur vier Personen. Wir haben all die Skills und das Wissen, die es braucht. Es wird viel Arbeit, aber auch das kennen wir. Die kommende Edition wird auf jeden Fall unter dem Motto ‚Hands on – Seek’s on‘ laufen.

Der Markt ist stark in Bewegung: Marken und Händler:innen orientieren sich neu an den bestehenden Tradeshows. Mit welchen Argumenten holt ihr eure Community ab beziehungsweise wie überzeugt ihr neue Brands/Besucher:innen, Teil eurer Community zu werden?

Unser Hauptargument ist unser starkes Portfolio und die dazugehörige Community. Diese findet man so nirgendwo in Deutschland, nirgendwo in Europa. Ich persönlich sehe die Absage der Premium als einen (positiven, motivierenden) Warnschuss. Wenn sich die Player:innen nicht committen, wird es keine Plattform mehr geben. Und der Wunsch nach dieser ist unverändert groß. Im Brandnamen Seek steckt es ja bereits. Hier kann man Neues entdecken, neue Produkte, neue Menschen und neue Geschichten. In dem Maße und in der Qualität, wie es die Seek darstellt und darstellen kann, ist dies in Showrooms nicht möglich. Was die internationalen Tradeshows betrifft, sehen wir ebenso keine Vergleichbarkeit. Hier unterscheiden wir uns alle sehr in dem Segment, das wir präsentieren und zu welchem Datum wir dieses tun. Dazu kommt, dass wir mit unserem stetig wachsenden Conscious Club die größte Plattform für Sustainable Fashion sind. Hier trifft man Pionier:innen sowie Newcomer:innen mit absolut inspirierenden Menschen, Taten und Geschichten.

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Wie bewertet ihr die aktuelle Branchensituation?

Es ist hart. Für alle. Wir sitzen quasi im Auge des Tornados – wir spüren und hören die Herausforderungen von Agenturen, Brands, großen und kleinen Unternehmen, dem Einzelhandel, kleinen und großen Häusern – der gesamten Branche. Um Taylor Swift zu zitieren: „Karma is my Boyfriend“. Es gibt mir ein gutes Gefühl und einen optimistischen Blick in die Zukunft, dass es Brands und Agenturen, die immer fair, offen und ehrlich zu ihren Kund:innen waren, weiterhin erfolgreich und gut durch die Krise kommen.

An der kommenden Ausgabe der Seek nehmen ca. 200 Brands teil. Spielt ihr mit dem Wegfall der Premium mit dem Gedanken, die Seek auszubauen?

Nein. ‚Größer, weiter, schneller, mehr‘ ist und war nie unsere Philosophie. Das weiß unsere Community zu schätzen.

Plant in ihr in den kommenden Editions neue Formate oder Veranstaltungen, die vergleichbar mit dem Conscious Club sind?

Gerade ist nicht die richtige Zeit für neue Konzepte und Formate. Wir besinnen uns auf und stärken unsere Stärken. In Zeiten der Unsicherheit wollen wir Sicherheit und Orientierung bieten sowie unser Fundament festigen. Der Conscious Club ist inzwischen ein großer, wichtiger und fester Teil dieses Fundaments. Nur wenn man sich wohl und verstanden fühlt, hat man Kapazitäten, um Neues zu entdecken und zu entwickeln. Wir möchten im Januar vermehrt Orte und Situationen schaffen, in denen sich die Community zusammenfinden und austauschen kann. Dafür führen wir bereits jetzt lange und intensive Gespräche mit Aussteller:innen sowie Einkäufer:innen, informieren uns über die Themen und Probleme, die sie beschäftigen und entwickeln daraus neue, intime, persönliche Formate und Ansätze.

Gibt es einen Wunsch/Idee, den/die ihr unbedingt in den kommenden Ausgaben realisieren wollt?

Zusammenhalt.

Was wünscht ihr euch für die Januar-Edition am meisten?

Auf die Gefahr hin mich zu wiederholen: Commitment!

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