GeoDesign: 5 Fragen an Inga Wullenweber, Textildesignerin

GeoDesign
Foto: GeoDesign, Inga Wullenweber

Als Freiberuflerin im Bereich Textildesign mit Schwerpunkt auf Home Design hat Inga Wullenweber eine einzigartige Perspektive auf die Vereinigung von Kreativität und Umweltbewusstsein. In ihrer neuesten Arbeit GeoDesign fließt eine tiefgreifende Botschaft mit, die sich erst auf dem zweiten Blick erahnen lässt. Sie widmet sich dem drängenden Thema des Umweltschutzes und hat dabei textile Designs geschaffen, die aus Luftbildern von verschiedenen Umweltkatastrophen wie Überschwemmungen, Plastikmüllhalden oder Lithiumabbaugebieten inspiriert sind. Diese kühne Herangehensweise hebt den Kontrast zwischen der scheinbaren Reinheit der Ästhetik ihrer Entwürfe und der realen Bedrohung hervor, der unsere Welt durch Überkonsum und Umweltverschmutzung ausgesetzt ist. Wir baten die Textildesignerin zum Interview,  um mehr über ihr Projekt zu erfahren und einen Blick in die Zukunft zu werfen, auf kommende Projekte und Ideen.

Inga Wullenweber
Inga Wullenweber

Könntest du uns erzählen, wie du auf die Idee für dieses Projekt gekommen bist und welche Ziele du damit verfolgst?
Ich bin Textildesignerin für den Bereich Home Fashion und arbeite schon lange freiberuflich. In diesem Segment gibt es wenig Abwechslung in der Motivwahl. Gefragt sind seit jeher florale, grafische und ornamentale Muster, die alle keine weitere Aussage haben. Ich hatte schon länger die Idee, hier mehr Inhalt ins Spiel zu bringen und ein deutliches Ausrufezeichen hinter meine Designs zu setzen, und da ich mich schon lange mit Umweltschutz beschäftige, lag das Thema nahe. In einer Zeitschrift sah ich dann Luftaufnahmen von einem Fluss in Griechenland, der über die Ufer getreten war. Man konnte nur noch die Baumkronen erkennen, die wie fröhliche Tupfen in Reih und Glied aus dem Wasser ragten. Dieser Kontrast zwischen den schrecklichen, vom Menschen verursachten Naturkatastrophen und der schönen Ästhetik faszinierte mich, und so kam dann eins zum anderen. Ich machte mich dann auf die Suche nach weiteren Bildern von Umweltkatastrophen und wurde leider schnell fündig. Mein Ziel mit GeoDesign ist es, auf das Thema Umweltschutz aufmerksam zu machen. Es ist mehr als aktuell, wurde aber im Textilbereich noch nie thematisiert, zumindest nicht im Design. Ich denke, je häufiger man etwas sieht, desto mehr verankert es sich in den Köpfen und dazu möchte ich einen kleinen Beitrag leisten. 

Wie war die Resonanz auf die ersten Drucke und kannst du uns etwas über eventuelle Kooperationen erzählen, die bereits stattgefunden haben?
Ich war im Januar auf der Heimtex in Frankfurt, wo ich meine Kollektion und natürlich auch die GeoDesign-Entwürfe vorgestellt habe, und die Resonanz war wirklich enorm. Ich denke, die Zeit ist mehr als reif für ein Umdenken. Ich stehe in engem Kontakt mit Firmen, die sich für das Projekt interessieren. Derzeit sind zwei Motive meiner Arbeit in Produktion, die auf Vasen gedruckt werden. Es hat mich sehr gefreut, dass sich nicht nur Textilfirmen für das Thema interessieren.

Deine Drucke haben oft einen dystopischen Hintergrund, auch wenn sie auf den ersten Blick nicht so aussehen. Willst du damit eine versteckte Botschaft vermitteln und wie kommt diese bei deinem Publikum an?
Mich hat vor allem der Kontrast zwischen der reinen Ästhetik des Designs und der realen Bedrohung unseres Planeten durch Überkonsum gereizt. Auf den ersten Blick sieht man wahrscheinlich nur das schöne Muster. Der Schock kommt beim zweiten Hinsehen. Meine Design-Botschaft richtet sich an alle, die unsere Umwelt bewusst mitgestalten wollen. 
Auf der Messe kam eine Amerikanerin zu mir an den Stand und sagte: Everybody’s talking about your flooded trees. Da wurde mir klar, wie viel Potenzial in diesem Projekt steckt.

In welchen Bereichen siehst du die größten Anwendungsmöglichkeiten für deine Grafiken? Welche Materialien sollten deiner Meinung nach verwendet werden?
Die Heimtex in Frankfurt hat mir gezeigt, dass sich nicht nur Textilfirmen für GeoDesign-Designs interessieren, das fand ich toll. Ich möchte das Thema möglichst breit aufstellen. Abgesehen von der Botschaft ist GeoDesign nicht nur ein Design-, sondern auch ein Kunstprojekt, das man ausstellen kann. Bei der Wahl der Materialien würde ich ganz klar auf Nachhaltigkeit setzen, sonst macht es keinen Sinn. Normalerweise drucke ich einen Entwurf für die Präsentation auf Papier. Für die Messe habe ich die Entwürfe zusätzlich von einer nachhaltigen Textildruckerei im Rapport auf Bio-Baumwolle drucken lassen. Dort werden hochwertige Wasserpigmente verwendet und es wird auf einen geringen Wasser-, Energie- und Chemikalienverbrauch geachtet.

GeoDesign
Aircraft Print Foto: GeoDesign, Inga Wullenweber

Welche Herausforderungen siehst du in Bezug auf Umweltschutz und Textilien und wo gibt es deiner Meinung nach den größten Handlungsbedarf?
Ich kann vor allem für den Bereich der Heimtextilien sprechen und da tut sich einiges, was die Materialien und die Beschaffenheit der Stoffe angeht. Seit einiger Zeit wird mit nachwachsenden und nachhaltigen Rohstoffen experimentiert. So werden zum Beispiel Fasern aus Holz in einer ökologisch verantwortungsvollen Produktion gewonnen. Spannend sind auch Fasern aus dem Stamm der Bananenstaude, denn sie sind nicht nur biologisch abbaubar, sondern auch sehr langlebig. Viele Unternehmen haben ihr Engagement für den Natur- und Umweltschutz verstärkt, aber es gibt noch viel zu tun.

Mehr unter textildesign-ingawullenweber.com.