Polaritäten in Paris: Die Trendthemen der Première Vision Herbst/Winter 25/26 waren geprägt von der Idee der Extreme. Stoffe, Leder und Accessoires oszillierten zwischen minimalistischem Luxus und High Fantasy, zwischen der Poesie der Natur und düsteren Destroyed-Optiken. Verzerrungen und Volumen, Plissierungen und starke Softness – im Zentrum der gezeigten Kollektionen stand die Erforschung der Sinnlichkeit von Materialien.
Den Exzess zu umarmen, hieß es Anfang Juli in den Trend-Foren der Première Vision im Parc des Expositions in Paris. Denn die Materiatrends für Herbst/Winter 2025/26 fordern konventionelle Vorstellungen von ästhetischen Grenzen heraus. Extravaganz und Luxus in Haptik und Optik stehen Ursprünglichkeit, Rohheit und Zerstörung gegenüber. Ein starkes Thema für die kommenden Winterkollektionen sind Distressed und Destroyed Optiken – von Denim über Baumwolle bis hin zu Jacquards. Durchbrochen und deplatziert, zerstört, zerfallen, zerteilt – Verzerrung und Irritation prägen das Materialbild, Drucke und Webtechniken, angefacht durch die Vorliebe der Gen Z für Vintage und Upcycling. Zwei gegensätzliche Richtungen treffen im Winter aufeinander: Das Bedürfnis nach Ruhe und Reinheit steht einem starken Drang nach Opulenz gegenüber. Plüschige Volumen, changierende Metallics und edle Plissierungen sorgen für extraviel Textur. Dichte, satte, reichhaltige Stoffe bilden das Markenzeichen eines neuen minimalistischen Luxus. In einer Zeit des Überflusses und der Fülle ist aber auch eine Rückbesinnung auf das Wesentliche, auf Vereinfachung und optische Ordnung zu beobachten. Zarte Linien, gitterartige Netze und Schachbrettmuster zieren Pelzimitate, Jacquards, Strickwaren und reflektierende Drucke. Materialkompositionen werden immer raffinierter. Je feiner die Garne, desto dichter die Texturen. Wolle und Seide etwa kombinieren ihre Eigenschaften, um mehr Weichheit, Wärme und Komfort zu bieten. Drapierungen erleben ein Comeback und umhüllen den Körper mit einer theatralischen Üppigkeit. Materialien werden geradezu lebendig: Sirupartige Seiden, federnde Wolle und fließende Strickwaren begleiten die Bewegung.
Für die Saison Herbst-Winter 25/26 erkundet Denim neue Horizonte. Aufwändige Qualitäten erinnern an handwerkliche Webarbeiten. Distressed-Effekte und Waschungen hüllen sich in warme, erdige Farben. Übergroße Volumen erinnern an skulpturale Drapierungen. Denim erweitert kommende Saison sein stilistisches Vokabular weg von den rein funktionalen Ursprüngen des Stoffes hin zum Dekorativen. Jacquards und Tweed-Effekte verleihen Denimstoffen einen unerwarteten Reichtum. Muster wie Karos und Tartans stehen im Mittelpunkt üppiger Dessinierungen. Jacquards und Veredelungen, Beschichtungen und Drucke imitieren gleichermaßen geschickt den Destroyed-Look und bieten eine Alternative zur mechanischen Alterung von Materialien. Distressed Denim setzt in der Saison zudem auf Farbe – mit einer Palette von satten, warmen und staubigen Colorits, von Braun, Rot und Burgunder, bis zu Violett und Fliedertöne. Farben wirken oft verblasst und gebleicht, als wären sie im Laufe der Zeit erodiert.
Leder zeigen sich variantenreich mit aufwändig gefinishten und dreidimensionalen Oberflächen. Von geflochtenen oder gesteppten Ledern bis hin zu teilgeschorenen Schafsfellen sind die Materialien mit geometrischen Mustern verziert. Neue Qualitäten schlagen eine Brücke zwischen der Natürlichkeit des Leders und digitalen Einflüssen aus präzisen Lacercuts und zarten 3D-Effekten, zwischen Patina und spannenden Texturen, Mikrokörnungen und Prägungen. Ultrafeine Lamm- oder Kalbshäute erinnern mit ihrem mechanischen Glanz und ihre Softness an seidige Textilien. Metallfinishings changieren zwischen der eisigen Kälte von Silber und wärmendem Wintergold.
Trendthemen
Sensual Essence
Komfort und minimalistischer Luxus stehen im Vordergrund. Reduzierte geometrischen Linien und Dessins werden mit dichten und hochwertigen Stoffen kombiniert. Weichheit zieht sich durch die Kollektionen – mit geschmirgelten Baumwollstoffen, gebürsteter Wolle und fluffigen Mohairs. Garnmischungen mit weichem Griff, umhüllender Strick und Bi-Stretch-Seiden haben sensorische Qualität. Funktionelle Komponenten und Accessoires erhalten durch großzügige Volumen und weiche Texturen eine sinnliche Ausstrahlung. Der Sinnlichkeit gegenüber stehen harte Schwarz-Weiß-Kontraste, mathematische Strenge und das Streben nach Perfektion: Steppungen, Reliefs, filigrane Knötchen und Wattierungen schmücken Leder, Webstoffe und Felle mit subtilen, sich wiederholenden Mustern.
Daily Drama
Drama in einer neuen Dimension. Mit schaumig gekräuselten Oberflächen, düsteren Jaquards und Brokaten und gedämpften Metallic-Tönen dringt eine hochdramatische Stimmung in den Alltag ein. Ob Winter Darks oder Extra Black: Dunkle Töne besiedeln Oberflächen, von seidigen Stoffen bis hin zu Leder mit schimmernden oder Mikro-Pailletten-Effekten. Die radikale Glanzstory der Saison spiegelt sich auch in den Details wider, in Accessoires mit metallischen Beschichtungen, Schmucksteinen oder grafischen Moiré-Effekten.
Distressed
Die disruptive Schönheit von abgenutzten Effekten veredelt viele Oberflächen – von Denim bis Strick, von Seide bis Jacquards. Fließende Stoffe imitieren mit Drucken Abnutzung und Rustikalität. Innovative Materialien zeigen die Unvollkommenheiten von mehrmals geflickten Textilien. Checks wirken zerteilt. Geschnittene Garne offenbaren zufällige Transparenzen. Faltige Texturen, gerippte Stoffe und Winter Seersucker: Knittereffekte verleihen Seidenstoffen und Baumwolle ein lebendiges Aussehen, während leicht gekräuselte Texturen die Glätte technischer Textilien unterbrechen. Zerknittere Wolle wirkt, als wäre sie nach der Wäsche nicht gebügelt worden.
Evolution
Animalmuster, Prägungen und Prints traditioneller Naturdarstellungen interagieren in einem wilden Stilmix aus Natur und Düsterheit – zwischen der akribischen Präzision einer wissenschaftlichen Zeichnung und einer halluzinogenen Unschärfe. Die dekorativen Drucke der Saison orientieren sich an einer poetisch-abstrakten Betrachtung der Natur. Sanfte Drucke offenbaren eine unerwartete Tiefe. Traditionelle Motive aus Flora und Fauna werden verdreht, wirken düster und mit geradezu beunruhigender Anziehungskraft. Klassische Karos werden auf XXL-Formate aufgeblasen, verschwimmen oder werden chaotisch unterbrochen – von Jacquards, Mohairs und Cords bis hin zu beflockten und übergestickten Upcycling-Versionen. Tweeds wirken moosig und verschwommen, Leder spielt mit einer sichtbaren Rustikalität.
Extravaganza
Exzess, Überfluss und Fülle; Farben, Techniken, Muster und Texturen wechseln sich rasant auf den Oberflächen ab. Dessinierungen werden größer, Fransen länger. Bei Jacquards zeigt sich der Überfluss in überdimensionalen Mustern, in denen Motive und grafische Codes, Glanz und Mattheit miteinander verschmelzen. Hypnotische Bilder werden durch starke Farbkontraste hervorgehoben. Unvollkommenheit, Asymmetrie und ein gebrochener Rhythmus treffen auf fließenden Schimmer, moiriert und vielfarbig. Angelehnt an die geheimnisvollen Farbtöne der Nordlichter. Gold schießt aus den Stickereien hervor und durchdringt geschnittenes Garn. Extravaganz zeigt sich auch in üppigen Pelzimitaten und Fransenstickereien, die mit Länge, Glanz und Textur spielen.
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