Exploring Berlin’s Fashion Frontier – Recap der Berlin Fashion Week Spring/Summer 2025

Berlin Fashion Week
Odeeh Finale SS25Foto: Spotlight Launchmetrics SM

Stimmen, die die Berlin Fashion Week herunterspielen oder gar canceln, gibt es, seit die BFW gibt. Doch wer nicht vor Ort war, kann sich kein fundiertes Urteil erlauben. Gewiss ist der Standort als Modehub so eigensinnig wie die Stadt selbst. Vielleicht ist es der unverwechselbare Berlin-Berghain-Charakter, der sich mittlerweile sowohl in den Streetstyles als auch in den Kollektionen diverser Marken widerspiegelt und damit das Klischee um Berlin festigt, ohne jedoch die kommerzielle Strahlkraft von Paris, London, New York oder Mailand zu erreichen. Aber wer sich nicht intensiv mit der Materie auseinandersetzt, verkennt möglicherweise den einzigartigen Berlin Fashion Vibe. Denn dieser Standort ist vor allem eines: ein fruchtbarer Boden für Newcomer. Ob gefördert vom Fashion Council Germany, in Kooperation mit dem Vogue Fashion Fund, durch Senatsfördergelder, dem Nachwuchsförderungsformat Neo.Fashion oder durch die prominente Platzierung im Berliner Salon – junge Talente, aufstrebende Marken und vielversprechende Designer:innen finden in Berlin einen Ort, an dem sie gedeihen können.

Dass Berlin auch eine Heimat für etablierte Marken sein kann, hat das Designkollektiv GmbH eindrucksvoll bewiesen. Sie feierten in dieser Saison mit ihrer Show am ersten Abend Premiere auf deutschem Boden als Teil des Reference Studios Intervention Formats, zu dem auch Shayne Olivers Anonymous Club, Claudia Skoda sowie Lueder gehören. In dessen Stilistik reihen sich BFW-Favorites Richert Beil, Haderlump sowie Namilia gekonnt ein. Doch exklusives Understatement ist ebenso Teil der Berlin-Community wie avantgardistische Experimente. Bestes Beispiel: William Fan.

William Fan
William Fan
Foto: Theresa Huber

Breakfast at William‘s

William Fan lud dieses Mal zur Präsentation seiner Frühjahr-/Sommerauswahl 2025 On Duty in der Galerie des Boutique Hotels Château Royal Berlin. In Anlehnung an den Filmklassiker Breakfast at Tiffany’s wurde die Darbietung im Rahmen eines Frühstücks initiiert. Die Kollektion analysiert verschiedene Formen der Berufsbekleidung und bietet eine moderne Interpretation von Arbeitskleidung mit hochgeschlossenen Krägen, dreidimensionalen Plisseestoffen und enganliegenden Oberteilen, Hosen und Röcken. Ergänzt wird die Kollektion durch Table Staple, Fans erste Echtschmucklinie, inspiriert von der asiatischen Küche seiner Kindheit. Die Schmuckstücke, gefertigt aus 18 Karat Gold, Weißgold und Sterling Silber, sind mit Emerald-Steinen und natürlichen Diamanten verziert. Für die Präsentation wurden eigens konfigurierte Vitrinen des Schweizer Traditionsunternehmens USM verwendet. Gäste der Veranstaltung waren unter anderem Hadnet Tesfai, Kicki Zhang und Christiane Arp.

williamfan.com

Marc Cain Berlin Fashion Week
Marc Cain
Foto: Marc Cain

Marc Cain – Pure Radiance in Sanssouci

Am Abend des 2. Juli 2024 erstrahlten die Kolonnaden am Neuen Palais im Park Sanssouci in Potsdam unter dem Motto Pure Radiance, als Marc Cain die Frühjahr-/Sommer 2025 Kollektion präsentierte. Hochkarätige Gäste, darunter Hollywood-Schauspielerin Kelly Rutherford und Bridgerton-Star Jessica Madsen, wohnten der Show bei.
Die Veranstaltung fand in einem beeindruckenden historischen Setting statt. Die Gäste betraten das Gelände durch das imposante 24 Meter hohe Triumphtor und nahmen entlang der Kolonnaden mit Blick auf das Neue Palais Platz. Zu den Klängen modern interpretierter Klassik betraten die Models den über 100 Meter langen Catwalk. Marc Cain präsentierte eine Vielfalt an Looks, wobei luftiger Sommerstrick, Shorts und Miniröcke im Mittelpunkt standen. Die Kollektion umfasste Stücke aus Bouclé, mit strukturierten Oberflächen, Spitze und Lochmuster, viele davon mit dem Prädikatssiegel Knitted in Germany. Die Farbpalette reichte von sanften Beige-, Hellgelb- und Rosé-Tönen bis zu kräftigen Blau-, Rot- und Orange-Nuancen. Highlight des Abends war die Einführung des neuen Labels Marc Cain Glam mit funkelnden Kleidern und auffälligen Blüten-Prints. Die Veranstaltung zog zahlreiche prominente Gäste an, darunter Bettina Zimmermann, Kai Wiesinger und Rebecca Mir. Die Aftershow-Party fand in den Neuen Kammern von Sanssouci statt, wo die Gäste den Abend ausklingen ließen.

marc-cain.com

Berlin Fashion Week Odeeh
Odeeh
Fotos: Studio Alexander Fischer

Odeeh – Starke Inszenierung

Zum großen Finale am zweiten Tag der Berlin Fashion Week präsentierten Otto Drögsler und Jörg Ehrlich von Odeeh in der Kolonnade des Alten Museums. Die Gewinner des Berlin Contemporary Awards überzeugten erneut mit einer vielseitigen und handwerklich hochwertigen Kollektion. 
Sportliche Trackpants wurden mit kurzen Blazern, technoiden Stoffen und abstrakten japanischen Blumenmustern kombiniert. Klassische Streifenhemden erhielten durch kleine Strasssteinchen einen edlen Touch, während die schimmernden Fäden zweier säuregrüner Outfits im Wind spielten. Besonders auffallend waren die zartrosa Designs mit rauen Kanten und funkelnden Broschen. Das abschließende Finale auf der imposanten Treppe der Kolonnade war etwas fürs Auge und für das Modeherz.

odeeh.com

Avenir Berlin Fashion Week
Avenir
Fotos: Boris Marberg

Avenir – Wir sind alle Pendler

Passend zur Kollektion Commute fand die Avenir Runway Show vor der urbanen Kulisse des Potsdamer Platzes statt. Zwischen Betonbauten und Baumkronen entstand ein Gefühl der Ruhe, obwohl sich das Publikum inmitten einer pulsierenden Metropole befand. Designerin und Gründerin Sophie Claussen setzte die Idee gekonnt um, dass wir alle Pendler:innen sind und unseren eigenen kleinen Laufsteg von zu Hause zur Arbeit haben. Neben den von Pendler:innen inspirierten Looks, die von der Bettkante bis ins Büro reichten, fielen vor allem die Accessoires auf: goldene Zugtickets als Ohrringe (leichter als sie aussehen!) oder Taschen mit Stadtplan-Prints. Besonders beeindruckend waren die Denim-Looks: Sophie Claussen präsentierte gerade geschnittene Mäntel und Blazer aus recyceltem Denim sowie übergroße Hosen im Patchwork-Stil.

Alle Outfits sind auf die praktischen und ästhetischen Bedürfnisse der Menschen zugeschnitten, die sich täglich in der Stadt bewegen. Geometrische Muster und Patchwork erinnern an Fliesen und Sitzbezüge in U-Bahn-Stationen oder an die Querstreifen von Businesshemden, die hier neu interpretiert werden. Und on top: alles nachhaltig und fair produziert. 

avenirberlin.de

Berlin Fashion Week der Berliner Salon
Der Berliner Salon
Foto: René Lohse

Der Berliner Salon im Bode-Museum: Ein Schauplatz für moderne Mode und Design

Der Berliner Salon erlebte in dieser Saison eine Location-Premiere im Bode-Museum. In den imposanten Hallen des Museums wurden die zeitgenössischen Kreationen von 44 Teilnehmer:innen aus den Bereichen Mode, Interiordesign und Beauty präsentiert. Die Besucher:innen konnten die Ausstellung zwischen Kunstgeschichte und Marmorstatuen erkunden. Im Rahmen dieser Sommeredition waren auch die Looks der Finalist:innen des FCG/Vogue Fashion Funds Teil der Gruppenausstellung. Die globale Initiative, die erstmals in Deutschland stattfindet, hat das Ziel, junge Talente zu fördern und ihnen mehr Sichtbarkeit zu verschaffen. Nach fast zehnjährigem Bestehen ist Der Berliner Salon eine feste Größe während der Berlin Fashion Week. Die Gruppenausstellung bietet eine Bühne für Nachwuchstalente und fördert den interdisziplinären Austausch innerhalb der Kreativwirtschaft. Unterstützt wird der Berliner Salon von der Berliner Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe.

Berlin Fashion Week Richert Beil
Richert Beil
Fotos: Boris Marberg

Richert Beil – Bademeister der Berlin Fashion Week

Die Berlin Contemporary-Gewinner Jale Richert und Michele Beil präsentierten in dieser Saison eine Bademodenschau mit Schwimmflößen und blieben damit ihrer Mission treu, mehr Inklusivität in die Modewelt zu bringen. „Unsere Runway Show Bademodenschau zeigt eine Kollektion, die traditionelle Vorstellungen von Sommermode herausfordert, indem sie Inklusivität und Komfort für jeden Körper feiert“, erklärten die Designer:innen. 
Ihre Inspiration spiegelt sich in der Vielfalt der Entwürfe wider: von luftigen Silhouetten wie wasserabweisenden karierten Ensembles und Kleidern mit der Aufschrift ‚Moin Moin‘ bis hin zu maßgeschneiderten Stücken wie einem langen schwarzen Neoprenmantel und Crop Tops mit Luftkissen. Passend dazu: Fake-Sunburn statt Fake-Tan. Eine abermals gekonnte Inszenierung mit Tiefgründigkeit und einer Prise Humor.

richtertbeil.com

Haderlump Berlin Fashion Week
Foto: Spotlight Launchmetrics SM

Haderlumps Aero-Kollektion: Eine Hommage an Amelia Earhart 

Im Rahmen der Berlin Fashion Week präsentierte Haderlump seine Frühling-/Sommer 2025 Kollektion Aero im alten Berliner Flughafen Tempelhof vor über 700 geladenen Gästen. Die beeindruckende Kulisse des Hangar 6 und die historischen Flugzeuge boten den Rahmen für die Themen des Labels: Mut, Vision, Entdeckergeist und nachhaltige Mode. Die Kollektion übertrug Elemente der historischen Fliegermode in die Gegenwart und ergänzte Haderlumps urbane Uniformen um figurbetonte Bomber- und Fliegerjacken, markante Verschlussarten und vorgezogene Hosentaschen. Diese Kombination aus historischen und zeitgenössischen Stilelementen ist eine Hommage an die Fliegerkultur des frühen 20. Jahrhunderts, inspiriert von der Flugpionierin Amelia Earhart.
Die Kollektion ist eine Weiterentwicklung der Philosophie des Modelabels, das Mode nachhaltig und in Handarbeit aus Deadstock-Materialien fertigt. Ein Highlight der Show war die Zusammenarbeit mit der Familie des Künstlers Wolf Vostell, dessen Motiv B-52 Lipstick Bomber auf Seidenschals verwendet wurde. Diese künstlerische Integration betont die Bedeutung von Frieden und reflektiert die Auseinandersetzung mit Konsumkultur. Insgesamt steht Aero für einen sensiblen Blick auf die komplexen Zusammenhänge unserer Zeit und fordert zu einem bewussten Umgang mit Technologie und Konsum auf.

haderlump.berlin

202030 Fashion Summit
Thimo Schwenzfeier, Cheryll Mühlen, Niki de Schryver, Guillermo Verela und Maren Wiebus
Foto: Philipp Gross

Zukunft der Mode: Highlights vom 202030 – The Berlin Fashion Summit

Der 202030 – The Berlin Fashion Summit fand in seiner 8. Ausgabe während der Berlin Fashion Week im Bikini Berlin statt und zog führende Köpfe, Innovatoren und wichtige Akteure aus der Mode- und Nachhaltigkeitsbranche an. Die Veranstaltung bot eine Plattform für inspirierende Vorträge, dynamische Diskussionen und innovative Präsentationen.
Zu den Höhepunkten des Summits zählten unter anderem die Keynote Speeches geführt von Expert:innen wie Liz Ricketts von The OR Foundation, Christine Goulay von Sustainabelle Advisory Services und Thomas Schneider von Isa Next-Gen Materials. In Diskussionsrunden wurden wesentliche Themen wie zirkuläre Geschäftsmodelle, die Rolle der Medien in der Nachhaltigkeit und innovative Materiallösungen erörtert. Im Rahmen der Community Classes leiteten Expert:innen von Organisationen wie Citeve, Isa Next-Gen Materials und Fashion Changers vertiefende Sitzungen zu Themen wie Abfallkolonialismus, Dekarbonisierung und Wiederverkaufsdienste. Darüber hinaus wurde gemeinsam mit dem Branchenfachmagazin J’N’C ein Paneltalk initiiert. Dieser thematisierte unter der Leitung von Cheryll Mühlen, Chefredakteurin von J’N’C und TM TextilMitteilungen, die Frage, wie Nachhaltigkeit als Verkaufsargument genutzt werden kann, ohne die Integrität zu gefährden. Dabei wurde betont, wie wichtig es ist, Produkten eine Seele zu geben und die Kund:innen auf die gemeinsame Reise mitzunehmen. Zu den Diskussionsteilnehmern zählten Thimo Schwenzfeier (Conscious Fashion Store Berlin, Peek & Cloppenburg Düsseldorf), Niki de Schryver (COSH!) und Guillermo Verela (Twothirds). Die nächste Veranstaltung, der 202030 – The Berlin Fashion Summit Pop Up mit dem Thema ‚Craft & Culture‘, findet während der Berlin Fashion Week vom 3. bis 6. Februar 2025 statt.

202030summit.com

Seek Team
Die Seekers: Marie-Luise Patzelt, Elli Moreno. Damien Winpenny und Maren Wiebus
Foto: Seek

Seek: Kreative Lösungen und nachhaltige Partnerschaften

Vom 30. Juni bis zum 3. Juli 2024 fand in der Station Berlin die Seek-Messe gemeinsam mit dem Union Showroom und dem Gemeinschaftsformat The Junction statt. Die Veranstaltung brachte Branchenkenner und Besucher:innen zusammen, die sich an einem sorgfältig kuratierten Mix aus Modern Classics, Street- und Sportswear, Denim, Sneakers, Accessoires, Lifestyle- und Nischen- sowie Heritage-Brands erfreuten. Marie-Luise Patzelt, Show Director der Seek, betonte in ihrem Resümee die Chancen, die Veränderungen mit sich bringen: „Es ist zu einfach, Seek nur nach Größe, Anzahl der Ausstellenden und Besuchenden zu beurteilen. Jede Veränderung bietet auch enorme Chancen. Wir rücken alle näher zusammen.“ Sie unterstrich die Bedeutung von flexiblen, kreativen und lösungsorientierten Ansätzen, um den vielfältigen Ansprüchen der Kund:innen gerecht zu werden. Zukünftig plant die Seek ein neues Konzept und eine neue Location, um den internationalen Anforderungen besser gerecht zu werden und den Aussteller:innen individuelle Präsentationsräume und Verkaufszeiträume zu bieten.

Ein zentraler Aspekt der Seek ist die enge Zusammenarbeit mit Aussteller:innen und Partner:innen. Maren Wiebus, Creative- & Event Director der Seek, hob die Bedeutung dieser Zusammenarbeit hervor: „Es wurde gearbeitet, gesprochen, diskutiert, gestritten, getanzt und gelacht. Gemeinsam mit unseren Partner:innen haben wir Wege gefunden, Nachhaltigkeit effektiv zu messen und dabei Marken und ihre Maßnahmen eine Bühne gegeben.“
Nachhaltigkeit spielte weiterhin eine zentrale Rolle auf der Seek, was durch den Conscious Club, der 41 Prozent der ausstellenden Brands umfasste, deutlich wurde. In Kooperation mit Studio MM04 und Ivalo.com wurde eine 360° Nachhaltigkeitsvalidierung umgesetzt. Diese Initiative ermöglicht umfassende Nachhaltigkeitsbewertungen und bietet wertvolle Einblicke für die Marken. Insgesamt zeigte die Seek, dass Veränderungen neue Chancen bieten und wie wichtig Flexibilität und Zusammenarbeit für die Zukunft der Modebranche sind.

seek.fashion 

Berlin Fashion Week Union Showroom

Union Showroom – Persönlich & nahbar

Der Union Showroom eröffnete bereits am Sonntag vor der Fashion Week und bot vor allem Denim-Aficionados und kuratierten Nischen-Brands ein Zuhause. Durch die direkte Nachbarschaft zur Seek und The Junction konnte der Hub abermals überzeugen und erneut beweisen, dass Zusammenarbeit der Schlüssel zum Erfolg ist.

Zu dieser Saison hat der Union Showroom sein Portfolio auf 108 Fashion Brands erweitert und alle Flächen vermietet. Initiiert vom Veranstalter-Duo Leandro Wenzler und Felix Engelmann, hat sich der Hub vom Start mit einer Etage zum vollen Kubus des Kühlhauses entwickelt. Der Vibe dort ist lässig, freundschaftlich, vertraut und vor allem: ruhig – eine angenehme Abwechslung zum Berliner Fashion Week Trubel.

In dieser Ausgabe des Union Showrooms fand zudem erstmals ein spannendes Get-together im Talkformat mit Wohnzimmer-Flair statt, bei dem namhafte Protagonisten aus der Denimszene wie Antonio di Battista von Blue Blanket, Wouter Munnichs von Longjohn, Miki Tsujita von Fullcount und Kazuya Ito von First Arrow’s teilnahmen. Moderiert wurde das Gespräch von J’N’C und TM Chefredakteurin Cheryll Mühlen. Damit bewies das Event abermals, dass Vernetzungsmöglichkeiten, die weit über das Übliche hinausgehen und die internationale Modebranche inspirieren, auch in kleiner Runde eine große Wirkung haben.

unionshowroom.com